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Hoher Preis für den Erfolg Nadals Raubbau am eigenen Körper

Nach über 20 Jahren Profi-Tennis ist Rafael Nadals Trophäenschrank prall gefüllt – seine Krankenakte ebenso.

Rafael Nadal spielt in Wimbledon mit einem gerissenen Bauchmuskel.
Legende: Eine von zahlreichen Verletzungen Rafael Nadal kann 2022 in Wimbledon wegen eines gerissenen Bauchmuskels nicht zum Halbfinal antreten. IMAGO / Shutterstock

Im Alter von 13 Jahren soll Rafael Nadal die U14-Balearenmeisterschaft für sich entschieden haben, obwohl er sich in der 1. Runde nach einem Sturz einen Finger in der Hand gebrochen hatte. Die Anekdote aus Jugendjahren sollte sich als Vorbote für eine äusserst erfolgreiche, aber auch von Schmerzen begleitete Karriere herausstellen.

So erfolgreich Nadal auf der Tour unterwegs war, so zuverlässig hielten die Verletzungen Schritt. Kaum ein Körperteil wurde während seiner Karriere nicht in Mitleidenschaft gezogen. Mal zwickte der Rücken, mal der Ellbogen, mal zwangen ihn Knieprobleme zu mehrmonatigen Pausen. Manch ein Sportler hätte längst das Handtuch geworfen. Nicht so Nadal, der die Warnsignale des Körpers mit aller Vehemenz unterdrückte.

Video
Nadal: «Ich bin nicht verletzt, ich lebe mit einer Verletzung»
Aus Sport-Clip vom 13.05.2022.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 35 Sekunden.

Vor jedem Spiel eine Spritze

Auf die Spitze trieb Nadal den Raubbau am eigenen Körper auf dem Weg zu seinem 14. French-Open-Triumph 2022. Der Spanier liess sich vor jedem Spiel den linken Fuss betäuben, um die durch das Müller-Weiss-Syndrom verursachten Schmerzen zu unterdrücken. Die degenerative Krankheit begleitete Nadal schon seit 2005, dank Einlagen und einer hohen Schmerztoleranz hatte er die Konsequenzen davon meist im Griff.

«Es ist offensichtlich, dass ich unter solchen Umständen nicht mehr spielen werde oder spielen will», sagte Nadal nach seinem Triumph. Nach dem Turnier liess er die betreffenden Nerven am Fuss darum mit einer pulsierenden Radiofrequenztherapie behandeln. Der Schmerz wurde damit nicht mehr an sein Gehirn weitergeleitet.

Zuvor unterdrückte Nadal die Schmerzen mit Unmengen an Schmerzmitteln. So spielte er sich 2009 bei den US Open bis in den Halbfinal – mit einem Bauchmuskelriss. «Zu Beginn des Turniers war der Riss sechs Millimeter lang, am Ende waren es 26. Das war keine besonders intelligente Entscheidung», blickte Nadal später zurück.

Falsches Vorbild?

Mit der Art, wie Nadal sich von allen gesundheitlichen Rückschlägen zurückkämpfte und allen Widerständen zum Trotz Titel um Titel holte, ist und bleibt er ein Vorbild für zahlreiche Tennis-Talente, die in seine Fussstapfen treten wollen. Dass man sich dafür wenn nötig «gesund spritzen» muss, sandte aber ein falsches Signal an seine potenziellen Nachfolger aus.

Verheerend dürfte sich sein unbändiger Wille und das Streben nach Erfolg auch auf seine eigene Gesundheit ausgewirkt haben. Nadal wird als einer der erfolgreichsten Tennisspieler überhaupt in die Geschichte eingehen. Dafür zahlte er einen hohen Preis.

Radio SRF 1, Mittagsbulletin vom 10.10.24 ; 

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