Vielleicht war die grosse Enttäuschung zu Beginn der Saison genau das richtige Benzin. Beim erstmals ausgetragenen ATP Cup im Januar wurde Andrej Rublew nicht berücksichtigt, weil er hinter Daniil Medwedew und Karen Chatschanow nur die Nummer 3 Russlands war. Der damals 22-Jährige spielte stattdessen die zeitgleich stattfindenden Turniere in Adelaide und Doha – und gewann prompt beide.
18 Prozent aller Turniere gewonnen
Es war für Rublew der Beginn einer Saison, in der ihm der endgültige Durchbruch gelang. Der junge Mann aus Moskau gewann auch die Events in Hamburg, St. Petersburg und Wien und hat damit so viele Turniere gewonnen wie kein anderer Spieler in diesem Jahr (5). Oder anders ausgedrückt: 18 Prozent und damit fast ein Fünftel aller in dieser (verkürzten) Saison gespielten Turniere wurden zur Beute Rublews.
Sie war eine der wichtigsten Menschen in meinem Leben.
Aus dem Nichts kommt diese Leistungsexplosion nicht. Mit seinem Power-Tennis zieht Rublew die Aufmerksamkeit schon seit geraumer Zeit auf sich. Er ist zwar extrem schmächtig gebaut, kann aber so viel Druck entwickeln wie kaum ein anderer Spieler. Das hat auch Roger Federer schon schmerzhaft erfahren müssen. 2019 unterlag er Rublew im Cincinnati-Achtelfinal – kein Wunder, hatte er den Russen für diese Saison ganz oben auf dem Zettel.
Auch ein Schicksalsschlag konnte Rublew vor einigen Wochen nicht aus der Bahn werfen. Während des Heimturniers in St. Petersburg verstarb seine Grossmutter. Eine wichtige Bezugsperson, wuchs er doch zeitweise bei den Grosseltern auf. «Sie war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben», erklärte Rublew. Den Turniersieg widmete er ihr.
5. Russe bei den ATP Finals
Nun darf er also als fünfter Russe nach Jewgeni Kafelnikow, Nikolaj Dawydenko, Marat Safin und Daniil Medwedew die ATP Finals bestreiten. Seine bescheidene Herangehensweise hat Rublew trotz der zuletzt grossen Erfolge beibehalten. Viel mehr als über seine Erfolge spricht der 23-Jährige über die Dinge, die er noch verbessern müsse. «Die Spiele gegen die Top 8 in London werden mir genau aufzeigen, woran ich noch arbeiten muss», so der Russe.
Rublews grosses Problem bislang: Kommt er mit Plan A nicht durch, wirkt er bisweilen hilflos. Man darf gespannt sein, ob er in London die richtigen Lösungen parat hat.