Für die gängigen Corona-Tests zeichnet sich ein Engpass beim Verbrauchsmaterial ab. Extra lange Pipettenspitzen, sogenannte Mikroplatten und Chemikalien für das PCR-Analysegerät, sie alle werden knapp – weltweit.
Marianne Affolter, die Leiterin vom Molekularbiologie-Labor MCL Medizinische Laboratorien in Niederwangen bei Bern, hat einen solchen Engpass noch nie erlebt und ist besorgt: «Wir rechnen damit, dass wir noch eineinhalb, maximal zwei Wochen, so weiterfahren können. Dann müssen wir mit den Tests runterfahren. Dann könnten wir vielleicht noch die Hälfte der Tests machen.» Die Testkapazität von 3500 Tests pro Woche sind hier im Labor im Moment ausgeschöpft. Und bei den Laborkollegen sehe die Situation ähnlich aus.
Ich weiss auch nicht, woher das BAG die Idee hat, dass es genügend Testmaterial gibt.
«Ich finde es verrückt, dass überall gefordert wird, man solle mehr Tests machen», sagt Marianne Affolter. «Ich weiss auch nicht, woher das BAG die Idee hat, dass es genügend Testmaterial gibt.»
Das BAG dementiert gegenüber der Gesundheitssendung «Puls» den Engpass: Es gebe genügend Material, wenn man auf gleichem Niveau weiter testet wie bisher.
Schnelltests als Notlösung
In anderen Ländern ist das Problem bereits Realität: In Madrid musste man Angesichts der hohen Infektionszahlen, die PCR-Tests ergänzen. Mit sogenannten Antigen-Schnelltests. Diese sind zwar weniger genau, aber billiger und schneller.
Der Einsatz solcher Tests wird auch für die Schweiz immer dringlicher. Doch bis anhin hiess es hierzulande stets, dass Sie noch auf ihre Genauigkeit hin überprüft werden müssen.
Einige sind tatsächlich verlässlich.
«Die Überprüfung ist abgeschlossen. Wir wissen jetzt, wie ihre Sensitivität im Vergleich mit den PCR-Tests ist. Einige sind tatsächlich verlässlich», sagt Didier Trono, Leiter der Expertengruppe Diagnostics and Testing der Corona-Taskforce des Bundes.
Nun möchte er Empfehlungen aussprechen. «Schon diese Woche diskutieren wir mit dem BAG, den Kantonen, den Kantonsärzten und überlegen, welches die beste Strategie für den Einsatz der Schnelltests ist.» Didier Trono rechnet damit, dass die Antigen-Schnelltests noch diesen Monat eingesetzt werden.
Schnelltests nicht für alle gedacht
Da sich auch bei den Antigen-Schnelltests ein weltweiter Verteilkampf abzeichne, sei umso wichtiger wo man diese Tests idealerweise einsetzen soll.
«Man könnte sie zum Beispiel in der Luftfahrt einsetzen, bevor Passagiere ein Flugzeug besteigen. Oder zur Überprüfung beim Personal von Alters- und Pflegeheimen und an Schulen, die einen positiven Fall haben», sagt Didier Trono. «Alle schnell testen, dann müsste nicht die ganze Klasse in Quarantäne.» Nicht vorstellen, kann er sich etwa, dass man im Fussballstadion 3000 Menschen auf diese Art testet.
Trotzdem: Der Einsatz der Antigen-Schnelltests könnte Druck von den Labors wegnehmen. Bis es aber soweit ist, hilft sich die Molekularbiologin Marianne Affolter beim Bewältigen des Engpasses mit einer eigenen Strategie: «Wenn wir Proben von Spitälern haben, versuchen wir diese prioritär zu behandeln.» Das gleiche gelte für Proben von Bewohnern, Pflegepersonal und Ärzten von Altersheimen – sie gehen vor.