Wer Blutgruppe 0 hat oder Kinder unter 12 Jahren darf sich glücklich schätzen: Das Risiko, an Covid zu erkranken, ist für diese Menschen kleiner als für die anderen.
Diese Ungerechtigkeit bestätigt eine St. Galler Studie mit 4500 Spitalangestellten aus 17 Institutionen.
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Schutzfaktor Blutgruppe
Dass die Blutgruppe einen Einfluss hat, sorgte schon im Sommer für Schlagzeilen. Verschiedene Studien zeigten ähnliche Resultate. Für die St. Galler Forscher war das Resultat trotzdem überraschend. Denn der Effekt ist statistisch deutlich messbar. «Personen mit Blutgruppe 0 haben ein nur rund halb so grosses Risiko, sich mit SARS-Cov-2 anzustecken», bestätigt Infektiologe Philipp Kohler.
Nach den Gründen dafür forscht auch ein Team der Medizinischen Universität Graz. In ihrer Studie mit 400 Probanden haben sie bereits eine heisse Spur. Sie verdächtigen die bekannte Abstossreaktion unter den verschiedenen Blutgruppen.
Die roten Blutkörperchen und auch Gewebezellen enthalten an ihrer Oberfläche unterschiedliche zuckerähnliche Strukturen, sogenannte Blutgruppen-Antigene. Gegen diese gibt es Antikörper.
Blutgruppe A hat Antikörper gegen B, B gegen A, und AB hat keine Antiköper. Blutgruppe 0 aber hat Antikörper gegen A und B.
Zweck der Antikörper ist es, fremde Blutgruppen abzuwehren. Bei der Vermischung von zwei Blutgruppen können diese Antikörper reagieren und es kommt zu lebensgefährlichen Immunreaktionen. Das Coronavirus enthält möglicherweise ähnliche, zuckerartige Strukturen wie die menschlichen Zellen.
Der Verdacht der Forscher: Die Antikörper von Menschen mit Blutgruppe 0 reagieren auch mit dem Coronavirus und erschweren es diesem, sich auszubreiten.
Auf den Verlauf einer Ansteckung hat die Blutgruppe laut der Grazer Studie hingegen keinen Einfluss. «Auch Menschen mit Blutgruppe 0 können schwer erkranken», weiss Molekularbiologin Eva-Maria Matzhold.
Sich und andere schützen ist also weiterhin für alle wichtig.
Schutzfaktor Kleinkinder
Das Zusammenleben mit Kindern unter zwölf Jahren führt nicht zu mehr Infektionen, sondern im Gegenteil sogar eher zu weniger.
Eine Erklärung für die zweite erstaunliche Erkenntnis der St. Galler Studie könnte ein Experiment von Co-Studienleiter Christian Kahlert liefern: Er brachte Zellproben eines gesunden Menschen über Nacht in Kontakt mit Teilen des Coronavirus. Und es kam zu einer deutlichen Reaktion von spezifischen T-Zellen – einer Immunreaktion ohne vorherigen Kontakt zum Virus.
Die St. Galler Infektiologen erklären sich das damit, dass Coronaviren an sich nichts Neues sind. Die meisten verursachen ganz normale Erkältungen.
Gerade jüngere Kinder sind solchen Erkältungsviren besonders ausgesetzt und bringen Erkältungen mit nach Hause. Der Verdacht der Forschenden: Im Immunsystem der Erwachsenen erinnern sich spezielle T-Zellen an solche Erkältungs-Coronaviren und wissen, wie sie zu bekämpfen sind.
Es gibt Hinweise, dass dieser Immunschutz auch teilweise gegen das neue Coronavirus wirkt. Was erklären könnte, warum Erwachsene mit kleinen Kindern weniger häufig an Covid-19 erkranken.
Noch sind das alles Hypothesen. Trotzdem glauben die Forscher, einer heissen Spur zu folgen. Eine Detektivarbeit, die schon bei vielen Krankheiten die Basis für spätere Heilungserfolge war.