Eines dieser Modelle ist die Hausgemeinschaft 55+ in Zürich Affoltern . Die Hausgemeinschaft ist Teil einer Genossenschaftssiedlung. In den zwei Häusern der HG 55+ leben fünfzig Personen zwischen 55 und 90 Jahren.
Das Besondere: Sie alle haben einen Vertrag unterschrieben – den Vertrag zur Nachbarschaftshilfe. Zwei bis vier Stunden pro Woche muss jeder Bewohner, jede Bewohnerin den «Gspänli» helfen. Sei es, dass man für einander kocht, der Nachbarin die Wäsche hängt, falls sie das nicht mehr selber kann, oder sie gar zum Arzt fährt.
Das Ziel der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Genossenschaftsverantwortlichen: Dank Nachbarschaftshilfe, gemeinsamen Aktivitäten und gesellschaftlichem Austausch, das Leben im Alters- oder Pflegeheim so lange wie möglich hinauszuzögern.
Neue Modelle sind oft kostengünstiger
Betrachtet man den volkswirtschaftlichen und finanziellen Aspekt der Pflege im Alter, dann machen solche Modelle durchaus Sinn. Eine Studie im Auftrag der Spitex ergab nämlich: Wer bis zu einer Stunde Pflege pro Tag braucht, ist aus finanzieller Sicht zu Hause am besten aufgehoben. Wer mehr als zwei Stunden Pflege pro Tag braucht, gehört, rein finanziell betrachtet, in ein Heim.
Viele ältere Menschen aber fallen in den Bereich dazwischen. Da gelte es, die Vorteile der beiden Modelle «Pflege zu Hause durch die Spitex» und «Alters- bzw. Pflegeheim» zu kombinieren, sagt Walter Suter, Präsident Spitex Verband Schweiz. Gerade, da bei der Wahl der Pflege eben nicht nur der finanzielle Aspekt ausschlaggebend ist, seien neue Modelle vielversprechend.
Nebst Haus- und Wohngemeinschaften wie beispielsweise die HG 55+ ist das Betreute Wohnen eine weitere Option. Die SeneCasita Westside in Bern ist ein solches Pilotmodell, bei dem die Spitex erstmals eine Kooperation mit einem privaten Anbieter von Alterswohnungen eingeht. Konkret heisst das: Die Spitex hat einen Stützpunkt direkt in der Überbauung mit den Alterswohnungen. Ausserdem sind 20 Pflegebetten angegliedert.
Besonders finanziell seien solche Kooperationen lohnend, ergibt die Studie. Ein Grossteil der Arbeitszeit gehe bei Spitexarbeitenden nämlich zu Lasten der Anfahrtswege, das macht die Pflege teurer, betont Walter Suter. Bei solchen Kooperationen entfallen die Arbeitswege und das Spitex-Personal könne gezielter eingesetzt werden. Hochqualifizierte Fachpersonen für die Pflege und weniger qualifiziertes Personal für andere Arbeiten.
Finanzielle Unterstützung
Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie: Viele Pflegebedürftige sind zu wenig über die Möglichkeit von Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung informiert. Dabei spielen diese beiden Instrumente eine ganz wesentliche Rolle bei der Pflegefinanzierung und damit auch bei der individuellen Wahl- und Entscheidungsfreiheit – und das sogar bei Renteneinkommen, die bis weit in den Mittelstand hineinreichen.
Die Frage stellt sich also vielen Betroffenen und Angehörigen: «Welche finanziellen Unterstützungen kann ich beanspruchen? Welches Pflege-Modell passt am besten zu meinen persönlichen Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten?»
Eine erste wichtige Anlaufstelle sind der betreuende Hausarzt und die Pro Senectute. «Pro Senectute hat über 130 Beratungsstellen in der Schweiz und unsere Beratung ist gratis. Wir können bei einer ersten Übersicht helfen, sowohl was die finanzielle Situation und Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung betrifft, aber auch, was die Pflege-Angebote im Kanton betrifft», sagt Judith Bucher von Pro Senectute Schweiz.
Eine weitere Möglichkeit, sich einen Überblick im «Pflegedschungel» zu verschaffen, ist die Internetseite pflegesarch.ch. Diese Plattform für den deutschsprachigen Raum gibt es seit 2010, sie verschafft einen guten und ausführlichen Überblick über das Thema Pflege im Alter. Pflegesearch.ch entstand in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachinstitutionen und der Pro Senectute.