Mehr als doppelt so viele Männer wie Frauen erleiden einen Herzinfarkt. Im Schnitt erwischt es Männer zehn Jahre vor den Frauen – etwa mit 65, Frauen mit 75. Ganz klar ist nicht, warum dem so ist. Allgemein werden aber Hormone dafür verantwortlich gemacht: Das weibliche Östrogen könnte herzschützend wirken, das männliche Testosteron dagegen eher schädlich. Für diese Theorie spricht, dass die Quote weiblicher Herzinfarktopfer nach oben schnellt, sobald sie die Wechseljahre hinter sich und ihren hormonellen Schutz damit verloren haben.
Klagen Männer über extreme Schmerzen im Brustkorb, die bis in den linken Arm ausstrahlen, sind Ärzte wie Patienten direkt alarmiert und die lebensrettende Behandlung setzt in der Regel schnell ein. Erst Mitte 1980er-Jahre fiel in einer grossen Studie erstmals auf: Herzinfarkte äussern sich bei Frauen oft anders, Herzinfarkte bleiben deshalb oft lange unerkannt. Weitere Studien haben gezeigt: Bei Frauen läuft eine Erkrankung der Herzkranzgefässe, die zum Herzinfarkt führt, anders ab als bei Männern. Häufig bringt bei Patientinnen eine normale Herzgefässuntersuchung (Koronarangiographie) keine Ergebnisse. Erst spezialisierte Untersuchungen zeigen die Unregelmässigkeiten. Auch im EKG haben Frauen häufiger als Männer unauffällige Befunde. Und: Bei ihnen fehlt häufiger der typische Brustschmerz als beim Mann. Im Vorfeld des Infarkts, einem Zeitpunkt, zu dem Männer oft schon Brustschmerzen fühlen, sind Frauen stattdessen unspezifisch müde. Viel häufiger klagen Patientinnen mit akutem Herzinfarkt über Atemnot – ein Symptom, das weder Patientin noch Arzt in Aufregung versetzt. Die Folge: Spitaleintritt, Abklärung und Behandlung verzögern sich.
Frauen sterben häufiger
Diesem Fakt ist es möglicherweise geschuldet, dass Frauen häufiger an ihren Infarkten als Männer sterben als Männer. Noch im Spital erliegen 16.7 Prozent der Frauen ihrer Erkrankung, dagegen nur 11.5 Prozent der Männer. Bei den unter 50-Jährigen starben 6.1 Prozent der Frauen gegenüber 2.9 Prozent der Männer. Eine andere Studie ermittelte eine Todesfolge für 10.2 Prozent der Frauen gegenüber 5.5 Prozent der Männer. Ob allerdings wirklich die verzögerte Behandlung dafür verantwortlich ist, ist nicht klar. Möglicherweise sind Frauen zum Zeitpunkt ihres Herzinfarkts einfach älter und deshalb gebrechlicher als früher betroffene Männer.
Klar ist dagegen: Frauen haben ihre Herzgesundheit stark selbst in der Hand. Raucherinnen und Diabetikerinnen erhöhen ihr Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich stärker als vergleichbare Männer.