Johanna Spyris Heidi tat es aus lauter Heimweh. Auch in Kleists Drama «Prinz Friedrich von Homburg» wird das Phänomen beschrieben, und Vincenzo Bellini verarbeitete das Thema in seiner Oper «La Somnambula». La Somnambula: Die Schlaf- oder Nachtwandlerin.
Somnambulismus heisst eine Schlafstörung, bei der der Schlafende ohne aufzuwachen sein Bett verlässt, umhergeht und dies und das tut. Seine Augen sind offen, sein Gesicht ist ausdruckslos, fast starr. Seine Bewegungen sind mangelhaft koordiniert. Alles ist irgendwie entgeistert.
Das Wort Somnambulismus kommt aus dem Lateinischen und setzt sich zusammen aus somnus, der Schlaf, und ambulare, was sich mit wandern übersetzen lässt.
Früher sprach man auch von Lunatismus. Wie das Wort verrät, dachte man damals noch, dass die nächtlichen Unruhegeister mondsüchtig seien. Heute weiss man, dass die Neigung zum Schlafwandeln nichts mit dem Mond zu tun hat, sondern vererbt wird.
Vorwiegend im Kindesalter
Bei den Erwachsenen sind es ein bis zwei Personen auf hundert Menschen, die auf diese Weise hin und wieder nachtaktiv sind. Am Morgen schauen sie dann ungläubig aus der Wäsche, wenn ihnen erzählt wird, was sie nachts so trieben.
Viel häufiger nachtwandeln die Kinder: Etwa 15 Prozent der Fünf- bis Zwölfjährigen sind auf diese geheimnisvolle Weise zu nachtschlafender Zeit unterwegs. Häufig ist dann mit der Pubertät Schluss mit dieser Art Nocturne. Ursache ist also, so sagen viele Fachleute, ein noch nicht voll ausgereiftes zentrales Nervensystem.
Weil Schlafwandelnde unfallgefährdet sind, gibt es für aufgeweckte Angehörige nur eines: Den Unruhegeist sanft aufwecken und mit liebevoll lenkender Hand dorthin führen, wo er hingehört: ins Bett.