Martine Urwyler sitzt auf der Yogamatte, atmet schnell und stossweise durch die Nase aus. «Das ist die Feueratmung», erklärt die Yogalehrerin und Bewegungstherapeutin. Dann atmet sie rau im Hals auf Höhe der Stimmritzen.
Das ist die Ujjayi-Atmung, sie regt die Schilddrüse an.
Die Atmung sei ein wesentlicher Teil, um beim Hormonyoga die Hormone wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Gleichzeitig werden auf der Yogamatte Übungen gemacht.
Für den linken Eierstock das linke Bein anziehen
Auf der Matte liegend mit gegen den Bauch angezogenem Bein wird Druck auf den Eierstock ausgeübt. «Presst man die Eierstöcke auf diese Weise, geht nicht so viel Blut durch sie hindurch. Löst man das Bein, schiesst das Blut wieder durch den Körper.» Die bessere Durchblutung werde mit Hilfe der Atmung in Energie umgewandelt.
Diese werde dann zu den Drüsen gelenkt, allen voran den Eierstöcken und den Schilddrüsen. Beim Hormonyoga sollen – wie der Name vermuten lässt- die Hormone in den Fluss kommen. «Ob Hypophyse, Schilddrüse oder Eierstöcke – mit spezifischen Übungen wird die Energie im Körper aktiviert und verteilt», sagt Urwyler.
Die Pionierin des Hormonyogas
Die Begründerin des Hormonyogas ist die brasilianische Yogalehrerin Dinah Rodrigues, geboren 1927. Man würde sie leicht auf 20 Jahre jünger schätzen. Ihr Yogakonzept entwickelte sie Anfang der 1990er-Jahre.
Hormonyoga lernt man am besten in drei Einzellektionen.
Heute wird es auch in Europa und in der Schweiz praktiziert. «Hormonyoga lernt man am besten in drei Einzellektionen», empfiehlt Urwyler. Es gehe darum, die immer gleichen Übungen in derselben Reihenfolge selbständig zu Hause praktizieren, idealerweise drei bis fünf Mal pro Woche.
Wann Vorsicht geboten ist
Nach dem Konzept von Dinah Rodrigues sollte Hormonyoga in folgenden Fällen nur nach Rücksprache mit der behandelnden Ärztin praktiziert werden:
- während der Menstruation
- bei hormonell bedingtem Brustkrebs
- akuter Endometriose
- grossen Myomen in der Gebärmutter
- Entzündungen im Bauchraum
- starker Osteoporose
- bei akuten oder schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- anderweitigen hormonell bedingten Krankheiten
«Frauen, die Hormonpräparate gegen Wechseljahrbeschwerden nehmen oder Antihormone, weil sie einen hormonaktiven Brustkrebs hatten, dürfen Hormonyoga machen», erklärt Petra Stute, Professorin für Gynäkologie und Endokrinologie am Berner Inselspital.
Hormonyoga im Fokus der Wissenschaft
Bisher fehlen wissenschaftliche Nachweise dafür, dass Hormonyoga während der Menopause wirkt. Das will Petra Stute ändern: «Studien haben bereits gezeigt, dass ein hoher Blutzucker, hoher Blutdruck und das kardiovaskuläre Risiko nach der Menopause durch Yoga positiv beeinflusst werden kann.»
Gar klimakterische Beschwerden hätten sich reduziert. In ihrer Studie wollen Stute und ihr Team zusätzlich klären, ob diese Wirkung durch Beeinflussung des Östrogenlevels durch Hormonyoga geschieht.