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Testosteron-Therapie
Aus Puls vom 10.02.2014.
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Jungbrunnen Testosteron? «Keine Testosteron-Therapie ohne klare klinische Zeichen»

Alternde Männer greifen gerne mal zu Testosteron-Präparaten, um Energielosigkeit und fehlender Libido entgegenzuwirken. Doch Effekt und Risiken der Hormon-Behandlung sind unter Experten sehr umstritten. Die Endokrinologin Mirjam Christ-Crain erklärt, wann eine Testosteronbehandlung Sinn macht.

Mirjam Christ-Crain

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Dr. Mirjam Christ-Crain ist Endokrinologin am Universitätsspital Basel.

«Puls»: Gibt es äusserliche Anzeichen, die auf einen Testosteronmangel hinweisen?

Mirjam Christ-Crain: Typische klinische Zeichen sind unter anderem Müdigkeit, Abnahme der Leistungsfähigkeit, Abnahme der Libido, erektile Dysfunktion oder eine weniger häufig notwendige Rasur.

Bei sehr tiefen Testosteronwerten kommt es zu einem Ungleichgewicht zwischen Testosteron und Östrogen. Der relative Östrogen-Überschuss kann zu einer sogenannten Gynäkomastie führen, einer Brustentwicklung beim Mann. Bei lang bestehendem Testosteronmangel kann sich auch das Volumen des Hodens verkleinern. Man spricht dann von einer Hodenatrophie.

Wie lässt sich ein Testosteronmangel feststellen?

Besteht aufgrund der genannten Symptome ein klinischer Verdacht, wird der Testosteronwert im Blut gemessen.

Wann ist eine Testosteronsubstitution sinnvoll?

Sinnvoll ist sie bei allen Patienten mit einer Funktionsstörung der Hoden oder der Hypophyse, dem primären oder sekundären Hypogonadismus. Hier suchen wir erst die Ursache und beginnen dann eine Therapie. Bei «altersbedingtem» Testosteronmangel ist sich die Fachwelt uneins. Bevor eine Therapie begonnen wird, sollten klare klinische Zeichen vorliegen, auch wenn diese unspezifisch sind – sowie ein klar zu tiefer Testosteronwert, zweimalig am Morgen im Blut gemessen.

Testosteron

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Das wichtigste männliche Geschlechtshormon wird zu 90% in den Hoden und zu 10% in den Nebennieren produziert. In der Pubertät bewirkt es die Entwicklung der Geschlechtsorgane, fördert das Wachstum der Körperbehaarung und der Barthaare sowie den Muskelaufbau. Ein hoher Testosteronspiegel fördert u.a. dominante und aggressive Verhaltensweisen.

Worauf ist zu achten, wenn man sich für eine Testosteronsubstitution entscheidet?

Wichtig ist für den Arzt, die Risiken gut mit den Patienten zu besprechen. Vor einer Substitution sollten Blutbild und Lipidwerte kontrolliert werden, die Prostata palpiert werden, sowie der PSA-Wert gemessen werden. Zudem sollte der Patient über kardiovaskuläre Risiken aufgeklärt werden.

Wie risikoreich ist eine Testosteronsubstitution?

Das ist schwierig zu beurteilen, da die längste Studie mit Testosteronsubstitution bei altersbedingtem Testosteronmangel nur drei Jahre dauerte. Noch unklar sind die Auswirkungen auf die Prostata. Bisher konnte hier kein Risiko festgestellt werden, aber drei Jahre sind eine kurze Zeit.

Einige Studien haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse aufgezeigt, insbesondere bei älteren Männern mit Parallelerkrankungen in diesem Bereich. Bei älteren Männern mit einer Vorgeschichte von Hirnschlag oder Herzinfarkt wäre ich somit sehr zurückhaltend.

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