Die medikamentöse Behandlung kleiner Patienten kann für Ärzte eine echte Herausforderung sein – und für die Kinder eine gesundheitliche Belastungsprobe aufs Exempel. Denn die Hälfte der verschriebenen Medikamente in Schweizer Kliniken erhalten Kinder im sogenannten «Off-Label»-Einsatz. Das heisst: Die Verordnung erfolgt nicht gemäss behördlich genehmigter Fachinformation. Oder anders gesagt: Kinder bekommen Medikamente, die bislang nur für Erwachsene getestet und zugelassen sind. Behandelt ein Arzt so, ist er selbst haftbar – auch wenn ihm sehr oft gar keine andere Wahl bleibt.
Doch das ist nur das eine Problem. Viele Wirkstoffe sind nur in für Kinder ungeeigneten Formen auf dem Markt, beispielsweise als Tabletten. Gerade bei Kindern lassen sich Tropfen, Säfte oder ähnliches jedoch leichter verabreichen und besser dosieren.
Kind ist nicht gleich Kind
Hinsichtlich der Dosierung mangelt es jedoch an Wissen. Allein innerhalb der Patientengruppe «Kind» gibt es immense Unterschiede: Ein Neugeborenes braucht eine ganz andere Dosierung als ein Kleinkind. Ein einfaches Herunterrechnen auf das Gewicht reicht da oft nicht aus. Ärzte müssen sich hier vielfach auf ihre Erfahrung verlassen oder mühsam nach Informationen suchen. Dass Studien so dünn gestreut sind, ist auch ethischen und rechtlichen Fragen geschuldet. Während Erwachsene einer Studienteilnahme eigenverantwortlich zustimmen (und damit bewusst mit möglichen Risiken umgehen) können, ist das bei Kindern naturgemäss nicht der Fall.
Diese Wissenslücke soll eine Dosierungsdatenbank schliessen, die der Bund im Rahmen des neuen Arzneimittelgesetzes plant. Hier sollen sich die Erfahrungen von Schweizer Ärzten mit Dosierungen bei Kindern niederschlagen und für alle Spitäler und Kinderärzte jederzeit abrufbar sein. Daneben ist angedacht, auch der Pharmaindustrie Anreize wie einen verlängerten Patentschutz zu setzen, wenn sie ihre Medikamente im Rahmen der Zulassung auch auf Kindertauglichkeit testen.
Eine solche Datenbank kann nicht nur Leid ersparen, sie spart auch Kosten: Medikationsfehler verursachen laut Schätzungen des BAG jährlich etwa 70 Millionen Franken.