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Krank durch Arbeit Schicksal Berufskrankheit: Kampf um Gesundheit und Job

Arbeit kann krank machen. Eine Anerkennung als Berufskrankheit federt manche Folgen ab – doch die Bedingungen sind streng.

«Im Nachhinein wurde mir klar: Ich hätte viele Arbeitseinsätze schlicht ablehnen sollen», sagt der 46-jährige David Francescato. Jahrelang stemmt er einen harten Job. Er reinigt und versiegelt grosse Oberflächen, zum Beispiel die Becken von Kläranlagen. Dafür braucht er Lösungsmittel. Schutzmassnahmen gegen Staub und giftige Dämpfe sind in seinem Betrieb mangelhaft.  

Berufskrankheit als «Zeitbombe» 

Die Risiken, denen David Francescato bei der Arbeit ausgesetzt ist, führen dazu, dass er eine Berufskrankheit entwickelt. Doch das ist ihm zum damaligen Zeitpunkt nicht bewusst. 

Berufskrankheiten – anerkannte Fälle in der Schweiz 

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In der Schweiz werden pro Jahr rund 2‘500 Fälle von «Berufskrankheit» anerkannt. Am häufigsten sind gemäss Statistik Erkrankungen:  

  • des Gehörs 
  • der Haut
  • des Bewegungsapparates
  • des Atmungssystems 
  • sowie Tumorerkrankungen 

In den Corona-Jahren 2020-2022 wurden zudem Tausende Infektionskrankheiten anerkannt – vor allem Covid-19-Fälle von Gesundheitspersonal  

(Quelle: UVG-Statistik 2024) 

«Das Problem bei Berufskrankheiten ist, im Gegensatz zum Unfall: Sie entstehen nicht auf einen Schlag, etwa durch einen Sturz», erklärt Anja Zyska Cherix, Chefärztin für Arbeitsmedizin der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Suva. Viele Berufskrankheiten entstehen schleichend, Symptome zeigen sich erst mit der Zeit.  

Unheilbar krank – Suche nach Auslöser 

Bei einem Arbeitseinsatz packt David Francescato eine erste Schwindelattacke. Es geht ihm immer schlechter – er landet im Spital. Ärzte stellen eine Systemische Sklerodermie fest. Die unheilbare Autoimmunerkrankung schädigt das Bindegewebe. Dadurch sind Blutgefässe, Lunge, oder Nieren gefährdet. Die Diagnose stürzt den Familienvater in eine existenzielle Krise.

Bei David Francescato stellt sich die Frage, was die Krankheit ausgelöst hat. Die Ärzte vermuten, dass womöglich die Lösungsmitteldämpfe, denen er jahrelang ausgesetzt gewesen ist, dahinterstecken. Sein Fall wird deshalb dem Unfallversicherer seines Arbeitgebers gemeldet.  

Leistungen der Berufsunfallversicherung 

Arbeitgeber müssen Angestellte, die acht Stunden oder mehr im Betrieb tätig sind, obligatorisch gegen Unfälle und Berufskrankheiten versichern. Der Versicherer übernimmt die Behandlungskosten, hilft bei Arbeitsplatz-Anpassungen, Umschulungen oder richtet bei Invalidität eine Rente aus.  

Berufskrankheit – Leistungen

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Die Leistungen der Berufsunfallversicherung gehen weiter als jede der Krankenkasse: Der Versicherer übernimmt bei anerkannte Berufskrankheit Behandlungskosten, hilft bei Arbeitsplatz-Anpassungen, Umschulungen oder richtet bei Invalidität eine Rente aus:  

  • Kein Selbstbehalt, keine Franchise 
  • Lohnfortzahlung / Taggeld 
  • Hilfe bei Arbeitsplatz-Anpassung 
  • Unterstützung bei beruflicher Neuorientierung 
  • Finanzielle Abfederungen 
  • Invalidenrente 

Betroffene haben grosse Hürden zu nehmen, bis Leistungen fliessen. Ihr Leiden muss zuerst als Berufskrankheit anerkannt werden. Suva-Chefärztin Anja Zyska Cherix erklärt, worauf es ankommt: «Eine Anerkennung als Berufskrankheit kann nur dann stattfinden, wenn eine Erkrankung überwiegend wahrscheinlich durch den Beruf verursacht wurde.»  

Je eindeutiger der Auslöser eines Leidens ist, desto grösser sind die Chancen auf eine Anerkennung. Multifaktorielle Leiden, also solche, für die es viele mögliche Auslöser gibt, werden kaum als Berufskrankheit anerkannt. Das gilt nach heutiger Praxis insbesondere auch für psychische Erkrankungen.

Depressionen als Berufskrankheit

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Bis heute stehen psychische Leiden nicht auf der gesetzlichen Liste der schädlichen Stoffe und Berufskrankheiten. Eine Anerkennung als Berufskrankheit ist darum äusserst schwierig.

Bei Depressionen ist eine Änderung möglich. Die Suva wertet derzeit Daten bestimmter Berufszweige aus. Und empfiehlt je nach Resultat eine Erweiterung der Verordnungsliste. Über eine Änderung entscheidet am Ende der Bundesrat.

Dazu sagt Suva-Chefärztin Anja Zyska Cherix: «Die Suva empfiehlt eine Aufnahme auf die Liste immer auf Basis wissenschaftlicher Studien oder belegbaren Daten. Letztlich entscheidet der Bundesrat über die Aufnahme.» 

Arbeitgeber für Schutz verantwortlich 

Selbst mit anerkannter Berufskrankheit geraten manche Betroffene in Not, verlieren Gesundheit, Job und Einkommen. Eine gute Prävention könnte manches schwere Schicksal verhindern.

Was tun, wenn die Arbeit die Gesundheit gefährdet?

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Bei mangelnden Schutzmassnahmen:  

  • Im Team austauschen, Arbeitgeber/Sicherheitsverantwortlichen des Betriebs kontaktieren 
  • Wenn erfolglos: Meldung bei Gewerkschaft, Behörden/Arbeitsinspektorat (anonym möglich) 

Bei Verdacht auf Berufskrankheit:  

  • Medizinisch abklären lassen 
  • Wichtig: Anmeldung beim Unfallversicherer des Arbeitgebers – auch behandelnde Ärzte denken nicht immer daran! 
  • In schweren Fällen: Juristisch beraten lassen (Rechtsschutzversicherung, Patientenstellen, Gewerkschaft) 

Die Arbeitgeber sind zwar verpflichtet, für nötige Schutzmassnahmen zu sorgen. Trotzdem geschieht es, dass die Prävention vernachlässigt wird, Angestellte sich fügen und krank werden.  

Gesundheit ruiniert – Invalidenrente 

Aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit bezieht David Francescato heute eine Invalidenrente. Der Unfallversicherer hat ihn als Berufskranken anerkannt. Nun kämpft er auf zivilrechtlichem Weg beim Arbeitgeber um Schadenersatz. Sein Ziel ist, seiner Familie – falls er sterben sollte – nicht auch noch Schulden zu hinterlassen.

Hilfreiche Links

Puls, 28.10.2024, 21:05 Uhr

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