Jährlich erkranken in der Schweiz rund 37‘000 Menschen an Krebs und ca. 16‘000 Betroffene sterben an der Krankheit.
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Eine Krebserkrankung hat oft weitreichende Auswirkungen auf das gesamte Leben der Betroffenen und Angehörigen. Häufig belasten die Krankheit und die teilweise schweren Nebenwirkungen der Behandlung nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Das Leben wird mitunter existentiell in Frage gestellt.
Am häufigsten sind die sogenannten psychischen Anpassungsstörungen an die schwierige Lebenssituation, gefolgt von Depressionen und Angststörungen. Schätzungen gehen davon aus, dass rund ein Drittel der Krebspatienten im Verlauf psychisch so stark belastet ist, dass sie professionelle Hilfe brauchen.
Professionelle Hilfe
Viele Kliniken bieten mittlerweile denn auch psychologische Hilfe an, sogenannte Psychoonkologie. Speziell ausgebildete Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten helfen den Patienten, ihr emotionales Gleichgewicht wiederzuerlangen und sich in der veränderten Lebenssituation zurechtzufinden. Dabei kann bereits eine kurze Beratung im Rahmen weniger Gespräche helfen, andere benötigen längerfristige Psychotherapien und möglicherweise sogar Psychopharmaka.
So sind es denn auch die Bedürfnisse der Krebspatienten, die die psychoonkologische Betreuung bestimmen: Manche Patienten wollen alternative Umgangsformen im Alltag versuchen, andere bevorzugen zu lernen, mit schwierigen Situationen gelassener umzugehen. Psychoonkologen helfen, Dinge besser zu verstehen und für sich zu ordnen oder auch Bilanz zu ziehen.
Die Angebote der Psychoonkologie richten sich nicht ausschliesslich an die Krebspatienten, sondern auch an deren Angehörige. Denn auch das nahe Umfeld der Erkrankten braucht mitunter Unterstützung bei der Bewältigung der veränderten Lebenssituation.
Anerkannter Nutzen
Die Psychoonkologie ist in der Fachwelt unbestritten und gehört heute mit zu einem umfassenden Therapieangebot bei Krebs. Der Auf- und Ausbau der psychoonkologischen beziehungsweise psychosozialen Betreuung ist somit auch Teil der «Nationalen Strategie gegen Krebs 2014-2017» (NSK) von Bund und Kantonen.
Darin werden Wege für die Versorgung und Betreuung von Krebskranken aufgezeigt. So gibt die Strategie unter anderem als Ziel vor, dass alle Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz Anspruch auf eine psychosoziale und palliative Betreuung haben, dass schweizweit gleiche Standards und Qualitätskriterien bestehen und dass Angebote in allen Regionen vorhanden und die Nutzung für alle zugänglich ist (NSK 2014-2017, S.17).
Wie weit diese hehren Ziele in der Schweiz schon erreicht sind, kann zurzeit allerdings niemand sagen.
Fehlende Daten
Es beklagen sich jedoch immer wieder Betroffene, dass sie entweder keinen Zugang zu einer psychoonkologischen Betreuung hatten oder dass sie über bestehende Angebote nicht informiert wurden. Ob es sich dabei um bedauernswerte Einzelfälle oder um die Regel handelt, kann niemand sagen, denn es fehlen schweizweite Daten über Anzahl und Qualität der psychoonkologischen Angebote.
Dieser Mangel soll nun im Rahmen der Nationalen Strategie gegen Krebs behoben werden. Zurzeit laufen zwei Projekte, die den Umfang und die Qualität der Angebote erheben sollen.
An Tumorzentren ist die psychoonkologische Betreuung mittlerweile bereits Voraussetzung für die Qualitätszertifizierung. Universitäts- und grosse Kantonsspitäler bieten denn auch fast alle psychoonkologische Betreuung an. In urbanen Gebieten gibt es auch private Anbieter. Diese sind jedoch häufig auf Wochen hinaus ausgebucht.
Experten vermuten, dass eine Unterversorgung vor allem in ländlichen Gebieten bestehe. Ein allfälliger Missstand kann jedoch erst behoben werden, wenn endlich konkrete Zahlen auf dem Tisch liegen.