Wir alle haben es wohl an Fest- und Feiertagen, in den Ferien, an Geburtstagen oder Jubiläen schon getan: Zu üppig und zu fettig gegessen und zu viel Alkohol getrunken. Nicht verwunderlich also, wenn sich die Fest- und Feiertags-Sünden beim einen oder anderen mit Magenbrennen oder saurem Aufstossen bemerkbar machen.
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Ein Problem ist das allerdings noch lange nicht. «Wer nur gelegentlich, also nicht mehr als ein bis zwei Mal pro Woche Reflux-Beschwerden hat, muss sich keine Sorgen machen», beruhigt Magen-Darm-Spezialist Andreas Müller vom GastroZentrum Hirslanden in Zürich, «das gilt durchaus noch als normal.»
Geschwächter Schliessmuskel
Magenbrennen und saures Aufstossen treten auf, wenn der saure Magensaft vom Magen in die Speiseröhre zurückfliesst. Normalerweise verhindert ein kräftiger Schliessmuskel, der sogenannte Ösophagus-Sphinkter am unteren Ende der Speiseröhre, diesen Rückfluss.
Verschiedene Faktoren können den Schliessmuskel aber schwächen. Und genau hier spielen dann die individuellen Lebensgewohnheiten eine zentrale Rolle. «Übergewicht kann zu Reflux führen», erklärt Gastroenterologe Andreas Müller, «das ist sicher auch der Hauptgrund dafür, dass es immer mehr Menschen gibt, die an chronischem Reflux leiden.» Wer nämlich regelmässig grosse Mahlzeiten isst, überdehnt den Magen und schwächt damit den Schliessmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen. Zudem drückt das Gewicht auf den Magen, was wiederum den Rückfluss des Mageninhalts in die Speiseröhre fördert.
Und nicht alles, was uns an einem Festtags-Essen schmeckt, tut auch dem Magen gut. Süsse, fettreiche oder zu scharf gewürzte Speisen können zu übermässiger Säureproduktion im Magen führen. Und Genussmittel wie Alkohol, Koffein und auch Schokolade reduzieren die Muskelspannung des Schliessmuskels und stören die Bewegungen der Speiseröhre.
Aber auch Dauerstress und Nikotin schlagen auf den Magen. Wer also die Lebensgewohnheiten entsprechend anpasst, tut aktiv etwas gegen seine Reflux-Beschwerden.
Angegriffene Schleimhaut
Jeder zehnte Schweizer leidet allerdings täglich an Magenbrennen und saurem Aufstossen. Dabei wird die Schleimhaut der Speiseröhre immer wieder von der Magensäure angegriffen – Entzündungen können die Folge sein. Über die Jahre kann die permanente Reizung bei manchen Patienten sogar zu Speiseröhrenkrebs führen. Chronischer Reflux muss deshalb behandelt werden.
Der Einsatz von Protonenpumpenhemmern gilt hierbei als Goldstandart. Diese Medikamente unterdrücken die Bildung von Magensäure. Dadurch wird verhindert, dass die Speiseröhre weiterhin der ätzenden Magensäure ausgesetzt ist. Die Gefahr, dass die Schleimhautzellen bösartig entarten, kann so deutlich verringert werden. Patienten mit einem Reflux, der die Speiseröhrenschleimhaut angreift, müssen die Protonenpumpenhemmer deshalb meist ein Leben lang einnehmen.
Radu Tutuian, Magen-Darm-Spezialist am Inselspital in Bern, unterstützt allerdings die Meinung der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin, dass Protonenpumpenhemmer oft zu lange und vor allem in zu hohen Dosen verschrieben werden. «Das «Problem» ist, dass Protonenpumpenhemmer weitgehend nebenwirkungsarm sind und entsprechend ist die Schwelle, diese ohne weitere Abklärungen einzusetzen, niedrig.
Oft wird diese Therapie weitergeführt ohne zu Hinterfragen, ob die hohe Dosis oder eine Dauertherapie wirklich sinnvoll ist.» erläutert der Gastroenterologe. Nur Patienten mit schwersten Entzündungen der Speiseröhrenschleimhaut oder wenn die Schleimhaut Anzeichen zeigt, zu entarten, sollten permanent Medikamente nehmen. Allen anderen Patienten rät Radu Tutuian zu testen, was passiert, wenn sie die Protonenpumpenhemmer-Therapie absetzen, oder – noch besser – die Medikamente langsam mit immer kleineren Dosen «ausschleichen».
Wann zum Arzt?
Da die Magensäure natürlich der Schwerkraft folgt, kann es übrigens auch helfen, das Kopfende des Betts hochzustellen. So wird der Rückfluss der sauren Flüssigkeit beim Schlafen minimiert.
Trotzdem: Wer täglich Reflux-Beschwerden hat, die trotz der Einnahme von rezeptfreien Medikamenten länger als 14 Tage bestehen bleiben, sollte einen Arzt aufsuchen. Besonders angezeigt ist der unverzügliche Gang in die nächste Arztpraxis, wenn Schluckbeschwerden auftreten, Blut im Stuhl festgestellt wird, man ungewollt Gewicht verliert sowie bei häufigem oder blutigem Erbrechen. Auch Menschen, die während der Nacht immer wieder Reflux-Symptome haben, die den Schlaf stören, sollten diese abklären lassen.
Wenn die Änderung des Essverhaltens und die Behandlung mit Medikamenten die Beschwerden nicht ausreichend lindern oder ganz beseitigen, kann eine Reflux-Operation angezeigt sein.