Erinnern Sie sich noch an Ihre Kindheit? Spinat ist gesund, schliesslich enthält er viel Eisen. Nur: So viel enthält er gar nicht, wie sich mittlerweile herausgestellt hat. Ein Dezimalstellenfehler führte zur Annahme – und kolportierte jahrzehntelang einen viel zu hohen Eisengehalt.
Ein typischer Verschreiber, der sich theoretisch auch in der Schweizer Nährwertdatenbank – eine Datenbank, die Informationen zur Zusammensetzung von in der Schweiz erhältlichen Lebensmitteln – zugetragen haben könnte.
Denn: «Die Masse der Produkte, die auf dem Markt sind, ist gross», sagt Esther Infanger, Ernährungswissenschaftlerin mit eigener Beratungsfirma. Nur schon das Sammeln der Daten gestalte sich schwierig und sei auch teuer. In der Deutschschweiz kommen andere Produkte auf den Tisch als in der Romandie oder im Tessin.
Auch wenn in Nährwertdatenbanken anderer Länder viel mehr Produkte aufgelistet sind, können die Daten nicht immer 1:1 auf die Schweiz übertragen werden. Regionale Einflüsse, Rezepte und Lebensmittel müssen auch im internationalen Vergleich berücksichtigt werden.
Dennoch erstaunt es, dass in Deutschland 15'000 Lebensmittel in der Datenbank aufgelistet sind, in der Schweiz nur knapp 1500, also zehnmal weniger.
Das BLV sagt auf Anfrage, dass die Schweizer Nährwertdatenbank vorwiegend Durchschnittszahlen von Lebensmitteln enthalte. Auf spezifische und exotische Produkte werde verzichtet. Welche Lebensmittel in der Nährwertdatenbank landen, wird mittels Verbraucherumfragen und durch Fachleute ermittelt.
Die Schwierigkeit mit verarbeiteten Lebensmitteln
Nach hoch verarbeiteten Lebensmitteln suche man in der Schweizer Nährwertdatenbank zum Teil vergeblich, sagt Infanger. Dies hängt mit der Dynamik des Marktes zusammen. Ständig werden neue Produkte lanciert und verschwinden andere wieder. «Es ist eine grosse Herausforderung, einen Überblick über die Produkte und deren Zusammensetzung zu behalten.»
Jede Datenaufnahme in eine Nährwertdatenbank könne fehlerbehaftet sein. «Zahlen werden falsch abgetippt, Nährwerte werden vertauscht.» Für Infanger ist es deshalb wichtig, validierte Daten zu haben, welche zumindest Plausibilitätschecks unterzogen wurden.
Sandra Di Medio berät als Lebensmittelingenieurin Kleinhersteller, welche ihre Produkte nach aktuellem Lebensmittelrecht kennzeichnen müssen. Das sei für ihre Kundinnen und Kunden nicht einfach, so die Expertin.
Die Verpackungen mit den Nährwertangaben werden teilweise im Voraus und in grosser Menge gedruckt.
Bei Torten habe sich zum Beispiel gezeigt, dass das Verhältnis Teig/Füllung bei verschiedenen Grössen abweichen kann. Daher müsse geprüft werden, ob bei unterschiedlichen Grössen andere Nährwerte pro 100 Gramm angegeben werden müssen. «Dafür sind unsere Kundinnen und Kunden bei Berechnungen auf eine gute Datenqualität angewiesen, schliesslich lassen diese Verpackungen mit den Nährwertangaben teilweise im Voraus und in grosser Menge drucken.»
Qualität statt Quantität
Nährwertanalysen an Labors in Auftrag zu geben, kostet. Als Dienstleistung des Bundes hat die Schweizer Nährwertdatenbank begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Und setzt deshalb auf «Datenqualität statt Datenquantität», wie das BLV schreibt. Mit knapp 1 500 Produkten gibt’s aber noch Luft nach oben.