Bakterien, die Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt haben, sind zum weltweiten Problem geworden. Eine aktuelle Studie in «The Lancet» schätzt, dass 2019 rund 1,2 Millionen Menschen an antibiotikaresistenten Infektionen gestorben sind, mehr als an den Folgen von HIV/Aids oder Malaria.
Nun gibt es Hoffnung, zumindest hierzulande: Mit einem neuen Verfahren könnten schwere Infekte wie Blutvergiftungen oder bakterielle Lungenentzündungen künftig gezielter – und vor allem schneller – behandelt werden.
Drei Tage bis zum Ergebnis
Gerade bei schweren bakteriellen Erkrankungen gehört es zur Routine festzustellen, auf welches Antibiotikum der Krankheitserreger ansprechen könnte. Das Verfahren dauert allerdings seine Zeit:
Ein spezielles Gerät, ein Massenspektrometer, analysiert anhand der Blutprobe des Patienten in wenigen Stunden Tausende von Proteinstücken und identifiziert so die Bakterienart, die dem Infekt zugrunde liegt.
Um jedoch herauszufinden, gegen welche Antibiotika ein Bakterium resistent ist, wird es anschliessend im Labor kultiviert. Dieser Test kann bis zu drei Tage lang dauern – bei einer Blutvergiftung etwa kann diese Zeit über Leben und Tod entscheiden.
Künstliche Intelligenz ist schneller
Bei der neuen Methode würde sich diese Frist wesentlich verkürzen. In ihrer Studie haben die Forschenden keine Bakterien mehr im Labor kultiviert. Stattdessen hat eine künstliche Intelligenz direkt die Daten aus dem Massenspektrum analysiert. Konkret: «Der Algorithmus sucht in den Daten nach Mustern, die Bakterien mit und ohne Resistenz voneinander unterscheiden», sagt Caroline Weis, Doktorandin am Departement für Biosysteme an der ETH Zürich in Basel und Hauptautorin der Studie.
Dazu haben Weis und ihr Team Hunderttausende von Massenspektrometrie-Daten mit den Resultaten aus herkömmlichen Resistenz-Tests verknüpft. So ist ein Datensatz mit 800 Bakterien und über 40 Antibiotika entstanden.
Fit für den Klinikalltag?
Der Algorithmus hat nun anhand dieses Datensatzes gelernt, die Muster der Antibiotikaresistenzen zu erkennen. «So gewinnen Ärztinnen und Ärzte wertvolle Zeit, um die Therapie anzupassen und nur solche Antibiotika einzusetzen, die noch wirksam sind», so Caroline Weis. Dies trifft etwa auf MRSA (Methicillin-resistenter-Staphylococcus aureus) zu, dessen Bakterien schwere Infektionen auf den Schleimhäuten verursachen können.
Die Grundlagen für das neue Verfahren sind also da. Dass es im Spitalalltag funktioniert, muss sich in einer klinischen Studie nun noch zeigen. Auch die ist bereits geplant, so Caroline Weis.