«Hätte ich an meinem Staatsexamen eine Lungenentzündung mit Kortison behandelt», sagt Werner Kübler, Direktor des Universitätsspitals Basel, schmunzelnd, «wäre ich durch die Prüfung gefallen!» Obwohl Kortison entzündungshemmende Eigenschaften hat, wurde diese Therapie bisher nicht angewendet.
Viele Mediziner wollten im letzten Jahrzehnt untersuchen, ob Kortison Antibiotika als Standardtherapie bei Lungenentzündungen ergänzen oder gar ersetzen könnte. Niemand erreichte ein befriedigendes Resultat. Entweder war die Zahl der Patienten zu klein oder die Zeitdauer zu kurz.
Gelungen ist der Nachweis nun Schweizer Ärzten aus sieben Zentren unter der Führung von Mirjam Christ-Crain vom Universitätsspital Basel. Zusammen mit dem Kantonsspital Aarau, dem Inselspital Bern, dem Bürgerspital Solothurn, dem Hôpital du Jura in Delémont sowie den Standorten Liestal und Bruderholz des Kantonsspitals Baselland hat sie während fünf Jahren 800 Patientinnen und Patienten untersucht.
Dank Kortison früher aus dem Spital
Zusätzlich zum Antibiotikum haben die Mediziner die Patienten mit Kortison behandelt. Die Resultate der Studie sind verblüffend: Das Kortison sorgt dafür, dass man sich schneller erholt, das intravenöse Antibiotikum früher absetzen kann, früher aus dem Spital entlassen werden kann und dadurch natürlich auch Kosten einspart.
«Wir haben Patienten behandelt, deren Lungenentzündung so gravierend war, dass sie in ein Spital eingeliefert wurden», sagt Hauptautorin Mirjam Christ-Crain. «Ob Kortison auch die Behandlung beim Hausarzt verkürzen kann, haben wir nicht untersucht.» Allerdings fügt sie an, dass die Resultate ihrer Studie auch für Hausärzte interessant sein könnten.
Die Studienergebnisse des Universitätsspitals Basel wurden in der medizinischen Fachzeitschrift «The Lancet» im sogenannten «Fast Track»-Verfahren publiziert, weil sie «das Potenzial hat, die klinische Praxis in der Medizin nachhaltig zu beeinflussen.» Auch auf der Kostenseite: Die Studie kommt zum Schluss, dass allein in der Schweiz schätzungsweise 16 bis 20 Millionen Franken pro Jahr gespart werden könne.