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Umkehr der Sterilisation Die zweite Chance: Vom sterilisierten Mann zum glücklichen Vater

Was, wenn nach einer Sterilisation das Leben eine unerwartete Wendung nimmt und erneut ein Kinderwunsch aufkommt? Eine Refertilisierung beim Mann ist zwar möglich, aber ohne Erfolgsgarantie. Urs Willen hat den Versuch für sich und seine neue Partnerin gewagt.

«Heute würde ich es anders machen», sagt Urs Willen. Vor 40 Jahren hat sich der heute 78-Jährige sterilisieren lassen. Damals steckte er inmitten der Scheidung von seiner ersten Frau. «Ich hatte zwar zwei tolle Kinder, mit meiner damaligen Frau hatte ich mich aber komplett auseinandergelebt», erinnert Urs Willen sich an die schwierige Zeit zurück: «Ich fühlte mich als Versager und hatte die Nase voll.» Nochmals wollte er eine solche Situation nicht erleben und entschied sich deshalb für die Vasektomie und liess sich beide Samenleiter durchtrennen. Nach einem solchen Eingriff gelangen keine Spermien mehr in die Samenflüssigkeit.

Sterilisation / Vasektomie

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Bei der Sterilisation des Mannes werden die Samenleiter durchtrennt und ca. ein Zentimeter herausgeschnitten. Die beiden Enden werden beidseits mit Strom verödet, mit einem Faden abgebunden und das Ende jeweils herumgeklappt. 

Die durchtrennten Samenleiter werden schliesslich in unterschiedlichen Gewebeschichten fixiert, damit die Enden nicht wieder zusammenwachsen. Zum Schluss wird die Haut an den Hodensäcken mit einem selbstauflösenden Faden zugenäht.   

Was viele Männer nicht wissen: In den Hoden werden auch nach der Vasektomie weiterhin Samenzellen produziert. Da diese aber nicht mehr durch die Samenleiter nach aussen transportiert werden können, werden die Spermien vom Körper absorbiert. 

Der operierte Mann ist übrigens erst nach ca. acht bis zwölf Wochen (oder nach rund 30 Ejakulationen) unfruchtbar. Davor können sich noch Spermien in der Samenblase oder Prostata befinden. Die Unfruchtbarkeit muss rund drei Monate nach dem Eingriff mit einem Spermiogramm bestätigt werden. Bis dahin ist eine andere Methode zur Schwangerschaftsverhütung nötig. 

Der Eingriff selbst ist kurz und wird unter Lokalanästhesie durchgeführt. Die Kosten für eine Vasektomie werden von den Krankenkassen in der Regel nicht übernommen.

Kinderwunsch trotz Sterilisation

Doch das Leben steckt bekanntlich voller Überraschungen. Zehn Jahre nach dem Eingriff lernt Urs Willen seine heutige Partnerin kennen: «Es hat mir unerwartet total den Ärmel reingezogen.» Bei beiden kommt rasch auch der Wunsch nach einem gemeinsamen Kind auf.

«Es war nicht eine richtige Enttäuschung, die bei meiner Partnerin aufkam, als sie von der Sterilisation erfahren hat», beschreibt Urs Willen die Situation, «es war aber schlicht eine Realität, die in die Beziehung mit einfloss.» Eine Adoption oder künstliche Befruchtung kam für beide nicht infrage. Urs Willen entschied sich für die operative Umkehr der Sterilisation.

Mikrochirurgischer Präzisionseingriff

Am Universitätsspital Zürich ist Urologin Manuela Hunziker auf solche Eingriffe spezialisiert: «Etwa sechs bis zehn Prozent der unterbundenen Männer wünschen sich später eine solche Rückverlegung.» Und die Chancen stünden gar nicht mal so schlecht: Ein Spermiennachweis gelinge in 85 bis 95 Prozent der Fälle und etwa bei der Hälfte der Paare komme es zu einem späteren Zeitpunkt auch zu einer Schwangerschaft. Je länger die Vasektomie allerdings zurückliege, desto geringer seien die Chancen, dass es auch tatsächlich funktioniere. Zehn bis 15 Jahre gelten als Schwellenwert.

Refertilisierung / Vaso-Vasostomie

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Am Universitätsspital Zürich macht die Urologin Manuela Hunziker die Erfahrung, dass rund sechs bis zehn Prozent der vasektomierten Männer sich zu einem späteren Zeitpunkt eine Rückverlegung der Samenleiter wünschen. Meistens stehe dabei eine neue Partnerschaft im Vordergrund. 

Zwischen sechs und zwölf solcher Eingriffe führt die Spezialistin pro Jahr am Universitätsspital Zürich durch – der mikrochirurgische Eingriff wird mit dem Mikroskop durchgeführt. Der Patient muss absolut still liegen, deshalb findet der zwei- bis dreistündige Eingriff in der Regel unter Vollnarkose statt. 

Auch die Kosten von rund 7'500 Franken für eine Vaso-Vasostomie werden von den Krankenkassen nicht übernommen.

Die Refertilisierung – medizinisch Vaso-Vasostomie genannt – wird unter Vollnarkose durchgeführt und dauert zwei bis drei Stunden. Im Vergleich zur Vasektomie dauert der Eingriff länger und ist komplizierter.

«Als Mikrochirurgin lege ich die Samenleiter wieder frei, schneide die verödeten Stellen zurück und setze die Enden wieder zusammen», beschreibt Manuela Hunziker ihre Präzisionsarbeit, «genäht wird mit Fäden, die ein Fünftel so dick sind wie ein menschliches Haar». Neben dem Mikroskop brauche es vor allem eine ruhige Hand. Da dürfe sie sich auch keinen Kaffee vor dem Eingriff gönnen.

Dank Refertilisierung erneut zum Elternglück

Bei Urs Willen und seiner heutigen Frau hat alles nach Wunsch geklappt. Die gemeinsame Tochter ist in der Zwischenzeit 26 Jahre alt. «Dass Männer Verantwortung bei der Schwangerschaftsverhütung übernehmen, finde ich gut», sagt der 78-Jährige, «aber es gibt noch andere Methoden».

Rückblickend würde der Berner die Sterilisation jungen Männern nicht empfehlen: «Auf gut Berndeutsch ‘schnurrt man der Natur rein’ und jedem, der erst 30 Jahre alt ist und zwei Kinder hat, kann das gleiche, wie mir passieren.» Die Vasektomie sei ein Eingriff in eine mögliche Zukunft. Die Refertilisierung hingegen, würde er sofort wieder machen.

Puls, 07.10.2024, 21:05 Uhr

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