Je eingängiger die Melodie, desto grösser die Gefahr: Warum sich gerade die Lieder im Kopf festsetzen, die wir eigentlich gar nicht so gerne mögen, ist vielen ein Rätsel. «Wiederkehrende Tonfolgen kurven häufig in einer Situation der entspannten Aufmerksamkeit durch den Kopf – beim Putzen, Fahrradfahren oder Duschen», sagt Eckart Altenmüller, Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin der Hochschule für Musik und Theater Hannover.
Eine besondere «Gefahr» sind jene Lieder, die man mehr oder weniger freiwillig ständig nebenbei hört. Experten bezeichnen den Ohrwurm so auch als «unerwünschten auditiven Gedächtnisinhalt, der einen unaufgefordert überfällt» – oder auch als «unwished auditory memory». Dessen Spezialität ist es, dass er sich nicht kontrollieren lässt.
Melodien wirken wie Gerüche
Und so setzt er sich im Gehirn fest: Das Arbeitsgedächtnis für das Gehörte wird emotional stark bewertet – und das hat noch gar nichts damit zu tun, dass und eine Melodie besonders gefällt. «Erinnerungen, die mit Musik zu tun haben, sind im Gehirn ähnlich fest verankert wie Gerüche», sagt Eckart Altenmüller.
Das Stammhirn reagiert – das ist der Teil des Gehirns, der ausserhalb unserer Kontrolle liegt. Es entscheidet sozusagen eigenmächtig, was wichtig ist und was nicht. Im Falle des Ohrwurms bestimmt es: wichtig. Und schon taucht das Lied in allen möglichen und unmöglichen Situationen in uns wieder auf.
Ohrwurm-Forschung
Wer seinen Ohrwurm wieder loswerden will, muss die Endlosschleife aus innerem Hören und innerem Singen durchbrechen. Das geht am besten, indem man ganz bewusst ein Lied singt, dass man gerne mag – am besten eines, das nicht zu einfach gestrickt ist und sich deshalb weniger als Ohrwurm anbietet. Man setzt dadurch sozusagen die Nadel des inneren Plattenspielers bewusst auf eine neue Rille. Wem das nicht behagt, der kann sich auf andere anspruchsvolle Tätigkeiten konzentrieren, wie Rechenaufgaben oder Rätsel.