Mammografien bei Frauen über 50 sind heute vielerorts Alltag in der Schweiz. Und: Je mehr getestet wird, desto öfter wird Alarm geschlagen – immer häufiger schon bei Vorstufen von Krebs (Stufe 0), sogenannten «Duktalen Karzinomen in situ» (DCIS). Machten solche Fälle früher drei Prozent der Krebsalarme aus, sind es heute schon 20 Prozent.
Geringe Gefährlichkeit von DCIS
Eine kanadische Studie hat jetzt ermittelt, wie häufig Frauen nach einem DCIS-Befund später auch an Brustkrebs sterben. Dabei untersuchten sie rückblickend die Daten von über 100‘000 Frauen aus den USA. Das Resultat: Nur 1,1 Prozent der wegen DCIS behandelten Frauen starben später an Brustkrebs. Der Prozentsatz war damit gleich hoch wie in der Durchschnittsbevölkerung. Deutlich höher ist das Risiko für Frauen unter 40 und für afro-amerikanische Frauen.
DCIS wird aber heute in der Medizin behandelt wie richtiger Brustkrebs: Mit Lumpektomie (Herausschneiden des Gewebes und anschliessende Bestrahlung) oder sogar mit Mastektomie, der Entfernung einer oder beider Brüste. Laut der kanadischen Studie verringerte aber auch eine Mastektomie die Sterblichkeit nicht.
Zuwarten als prüfenswerte Alternative
Die DCIS-Befunde werden in high grade und low grade eingeteilt. Experten schlagen jetzt bei einem Niedrig-Risiko-DCIS (low grade) immer häufiger vor, erst zuzuwarten und zu überwachen statt direkt zum Skalpell zu greifen.
Allerdings fehlen im Moment Studien, welche Nichtbehandlung und Behandlung vergleichen. «Bis dahin bewegen wir uns auf dünnem Eis und es ist medizinisch nicht vertretbar, auf Eingriffe zu verzichten», sagt etwa die Leiterin des Brustzentrums am Kantonsspital Baden, Cornelia Leo.
Der Chirurg Christoph Tausch vom Brustzentrum Hirslanden in Zürich hält es aber für überlegenswert, auf Bestrahlung zu verzichten, weil diese gemäss der Studie das Überleben nicht verbessert.
50 Prozent der DCIS-Fälle werden zu invasivem Krebs
Wie oft DCIS überhaupt je zu einem invasiven Karzinom wird, weiss man nicht genau. Schätzungen gehen von ca. 50 Prozent der Fälle aus – wobei auch dann das Karzinom nicht unbedingt lebensbedrohlich werden muss. Nur die wenigsten Frauen seien aber bereit, selbst bei einer Low-grade-Vorstufe und fehlenden weiteren Risikofaktoren auf eine operative Behandlung zu verzichten, gibt Christoph Tausch zu bedenken.