Könnten Sie sich vorstellen, mit einem Herzen eines Schweins zu leben? Genau das tut zurzeit ein 58-jähriger Mann aus Baltimore. Ihm wurde vor einigen Wochen ein Schweineherz transplantiert. Er ist der zweite Patient weltweit mit einem solchen Herzen. Der erste Patient erhielt eines anfangs 2022. Er starb jedoch knapp zwei Monate später aufgrund einer Infektion mit einem Schweinevirus, der mit dem Herz transplantiert wurde.
Wenn Schweine zu Nierenspendern werden
Neben dem Problem der Infektionen liegt das grosse Problem solcher Transplantationen von Schweineorganen bei unserem Immunsystem. Es greift alles Fremde an, so auch ein Organ eines anderen Menschen – und noch stärker ein Organ eines Schweines.
Solche Angriffe wie auch Infektionen will eine Forschungsgruppe aus den USA verhindern. Dafür transplantiert sie keine Herzen, sondern Nieren. Denn das ist das Organ, welches weltweit am meisten Menschen benötigen. In der Schweiz sind das über 1000 Menschen und ihre Wartezeit dauert im Mittel über zweieinhalb Jahre.
Rekord: Ein Affe lebt zwei Jahre lang mit Schweineniere
Um unser Immunsystem auszutricksen und Menschen vor Retroviren zu schützen, haben die 60 Forscherinnen und Forscher aus den USA Grosses geleistet: Sie haben sagenhafte 62 Gene in den Schweinen ausgeschaltet und sieben menschliche Gene ins Erbgut der Schweine eingefügt. So wird die Schweineniere menschenähnlicher. Je eine dieser genetisch veränderten Schweinenieren haben die Forschenden 21 Javaneraffen transplantiert.
Einer dieser Affen lebte 758 Tage lang mit der Spendeniere, also zwei Jahre und 28 Tage. Ein neuer Rekord – mehr als fünf Monate länger als in früheren Experimenten. Das Ziel der Forschungsgruppe ist es, dass in naher Zukunft solche Schweinenieren auch in Menschen funktionieren.
Steht nun Schweinenieren für Menschen nichts mehr im Wege?
Auch wenn neun der Versuchsaffen über drei Monate lang lebten, starben die anderen zwölf Tiere bereits nach wenigen Tagen bis Wochen. «Offensichtlich hat man also noch nicht alle Faktoren im Griff», so Biotechnologe Eckhard Wolf. Er führt sehr ähnliche Versuche mit Schweinen und Affen in Deutschland durch. Doch greift er nicht so stark ins Erbgut der Schweine ein. So ist die Züchtung einfacher. Der Nachteil: Die Affen benötigen nach der Transplantation mehr Medikamente. Das Ziel bleibt das gleiche: Das optimale Transplantationsorgan für den Menschen zu finden.
Zurück zur Eingangsfrage, ob Sie ein solches Schweineorgan annehmen würden oder nicht. Vielleicht berücksichtigen Sie dabei auch ethische Gründe. Also Überlegungen zur Frage, in was für einer Welt wir leben wollen: zum Beispiel Aspekte des Tierwohls und Abwägungen zu den medizinischen wie gesellschaftlichen Risiken und Chancen solcher Transplantationen. Und falls Sie besorgt wären, dass nur Menschen reicher Länder davon profitieren könnten, dann wäre dies weniger ein Argument dafür oder dagegen, sondern ein Auftrag an uns, als Gesellschaft, einen gerechten Zugang zu ermöglichen.