Die Implantologie in der Zahnmedizin ist eine noch junge Disziplin. Zwar gibt es seit 2000 bis 3000 Jahren erste Versuche mit Kunstzähnen aus Quarz, Elfenbein oder Holz. In einer 2014 im französischen Le Chêne gefundenen 2300 Jahre alten Frauenleiche fand man beispielsweise im Gebiss einen Eisenstift. In der heutigen Form hielten Zahnimplantate aber erst seit den 1960er-Jahren Einzug in die Mundhöhlen.
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Seitdem wird diese Form des Zahnersatzes immer beliebter. Im Schnitt werden heute in der Schweiz 90'000 Implantate pro Jahr eingesetzt. Die Zähne sitzen fest, das Gebiss sieht normal und natürlich aus, so die Hoffnung. Doch dafür muss im Vorfeld Vieles stimmen: Für Zähneknirscher, Raucher, Diabetiker und Menschen mit Wundheilungsstörungen oder schweren Allgemeinerkrankungen, z. B. Herzleiden, sind Implantate nicht der Zahnersatz der Wahl. Auch die Einnahme von Immunsuppressiva oder Kortison sprechen gegen ein Implantat. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass die Implantate nicht richtig einheilen oder es zu Entzündungen kommt, die das Implantat gefährden. Und selbst wenn diese Kriterien nicht zutreffen und alles optimal läuft: Erst langsam und mit einer grösseren Zahl von Implantat-Trägern wird deutlich, dass selbst beim perfekten Patienten die teuren Implantate nicht für die Ewigkeit sind. Nach zehn Jahren ist in vielen Fällen Schluss mit dem problemlosen Zubeissen – in manchen Fällen aber auch schon früher oder einige Jahre später.
Dafür muss der Patient zuvor Einiges auf sich nehmen. In einer Voruntersuchung werden Krankheiten erfragt und die Mundhöhle mit Schleimhäuten, Zähnen und Kieferknochen genau untersucht. Röntgenbilder erfassen die Knochenverhältnisse und dienen zum Festlegen der Implantationsstellen.
Zeigt sich dabei, dass Zähne oder Zahnfleisch nicht ganz gesund sind, müssen zuerst diese behandelt werden, sonst kann es beim Implantat zu Entzündungen kommen. Schadhafte Zähne, die durch Implantate ersetzt werden sollen, müssen gezogen werden. Danach müssen die Patienten noch einmal mindestens vier Wochen, eher aber länger abwarten, bis die Wunde komplett entzündungsfrei verheilt ist. Oft wird aber noch deutlich länger pausiert: Erst nach drei bis vier Monaten beginnt der Knochen zu heilen, erst nach einem halbem Jahr hat er sich sicher wieder erholt. Ist dann die Mundhygiene gut und Zähne und Zahnfleisch in Ordnung, kann die eigentliche Behandlung beginnen. Generell gilt: Je mehr Zeit man gibt, desto sicherer. Implantate im Oberkiefer sind komplizierter als im Unterkiefer, da der Oberkiefer zum einen eine lockerere Knochenstruktur aufweist, zum anderen aber Kiefernhöhlen oder Nasenboden in unmittelbarer Nähe sind.
Schritt 1: Verankern im Kiefer
Implantate sind im Prinzip wie künstliche Zahnwurzeln, die im Kieferknochen verankert werden. Dazu wird zunächst das Zahnfleisch an der betreffenden Stelle mit einem Schnitt geöffnet und der Knochen freigelegt. Dann bohrt der Implantologe die Öffnung in den Knochen. Dort versenkt er das Schraubgewinde, die «künstliche Zahnwurzel», wie einen Dübel oder klopft das Implantat ein. Das Material spielt dabei eine wichtige Rolle: Seit den 1960er-Jahren ist bekannt, dass Titan vom Körper sehr gut aufgenommen wird und es kaum zu allergischen oder Abstossungsreaktionen kommt. Zudem ist es sehr bruchfest und stabiler als beispielsweise Keramik.
Manchmal sind die Knochenverhältnisse nicht ideal. Dann nimmt der Implantologe vor, während oder nach der Implantation einen Knochenaufbau vor. Dabei kommen eigene Knochenspäne und künstlich herzgestellter Knochenersatz zum Einsatz.
Schritt 2: Monatelanger Heilprozess
Anschliessend wird das Zahnfleisch über dem Implantat wieder vernäht, denn dieses soll in den folgenden drei bis acht Monaten fest im Kieferknochen einwachsen. Oder aber die Schleimhaut wird am Implantathals befestigt (offene Wundheilung). Bis der lange Heilungsprozess abgeschlossen ist, können Patienten übergangsweise eine Drahtklammerprothese verwenden.
Heute kommen in der Regel zusammengesetzte Implantate zum Einsatz. Das hat den Vorteil, dass die Verankerung erst im Knochen einwachsen kann, bevor die Krone aufgesetzt wird und so die behandelte Stelle beim Heilen und Einwachsen nicht belastet wird. Gerade in der Einheilphase kommt es am häufigsten zu Implantatverlusten.
Schritt 3: Komplettieren des Implantats
Ist das Implantat eingeheilt, wird die Stelle nochmals freigelegt. Es muss ein Abdruck genommen werden, damit die Krone, Brücke oder Prothese perfekt angepasst werden und später auf dem Implantat verschraubt, zementiert oder auch mit einer Art Druckknopf befestigt werden kann. Erneute Röntgenaufnahmen dienen zur Überprüfung eines guten Sitzes. Schliesslich wird der eigentliche Kunstzahn aufgesetzt.