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Intervallfasten: Die Studienlage ist nicht eindeutig
Aus Ratgeber vom 22.04.2021. Bild: Colourbox
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Zyklusstörungen und Müdigkeit Wirkt Intervallfasten bei Frauen anders als bei Männern?

Immer wieder berichten Frauen von Stimmungsschwankungen und Zyklusstörungen während des Intervallfastens. Was ist da los?

16:8, 5:2, 10 in 2: Den meisten Menschen muss man diese Formeln wohl nicht mehr erklären – denn Intervallfasten hat sich als Ernährungstrend in den vergangenen Jahren in viele Köpfe und Bäuche manövriert.

Studien zeigen, dass das «Essen mit Pausen» unsere Gesundheit positiv beeinflussen kann: Das Körperfett soll reduziert und die Empfindlichkeit für Insulin verbessert werden (wichtig für Diabetes-2-Betroffene), es soll die kognitive Funktion steigern und das Risiko für chronische Erkrankungen senken. Klingt erstmal sehr gut.

Die gängigsten Intervallfasten-Methoden

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  • Die 16:8-Methode
    Bei der 16:8-Diät wird entweder die Früh- oder Spätmahlzeit weggelassen, sodass man 16 Stunden am Stück auf Nahrung verzichtet.
  • Die 5:2-Methode
    An fünf Tagen in der Woche isst man wie gewohnt, ohne Kalorien zu zählen. An zwei Tagen wird die Nahrungszufuhr bei Frauen auf 500 bis 800, bei Männern auf 600 bis 850 Kalorien reduziert.
  • Die 10 in 2-Methode
    An einem Tag isst man so viel und was man möchte (1), am Tag darauf fastet man (0) – und das stets im Wechsel. An den Fastentagen werden Wasser, ungesüsster Kaffee oder Tee und Gemüsebrühe getrunken.

Stimmungsschwankungen, ausbleibende Mens

Allerdings geht das Intervallfasten gerade bei Frauen auch mit negativen Erfahrungen einher. In Online-Foren und Blogbeiträgen ist von Stimmungsschwankungen, Müdigkeit und einem gestörten Zyklus zu lesen. Bei einigen Frauen bleibt die Mens sogar ganz aus.

Eine in den Foren viel zitierte Tierstudie soll den Zusammenhang zwischen Fasten und Fertilität zeigen. Weibliche Ratten, die 12 Wochen lang intermittierendes Fasten praktizierten, bekamen kleinere Eierstöcke und litten häufiger unter Schlaflosigkeit als männliche Mäuse. Wie kann das sein?

Ratten ticken anders

«Wir beobachten ähnliche Phänomene bei Frauen mit chronisch tiefer Energieverfügbarkeit und Stress, etwa bei Leistungssportlerinnen. Die Extremvariante sind Frauen, die unter Anorexie leiden. Deren Stoffwechsel läuft auf Sparflamme», sagt Lia Bally, Leiterin Ernährung, Metabolismus und Adipositas und Leiterin Forschung am Inselspital Bern. Mit dem Intervallfasten an sich haben die beschriebenen Symptome also nichts zu tun.

Von Tierstudien auf Menschen zu schliessen, hält die Expertin ausserdem für schwierig. Denn: «Unser Hormon- und Stoffwechselsystem unterscheidet sich wesentlich von Nagetieren, die fast ständig Nahrung aufnehmen.»

Drei Erklärungsversuche

Erklärungen, was hinter den Nebenwirkungen der betroffenen Frauen stecken könnte, gibt es. Aber eines vorweg: Es ist kompliziert.

Erklärungsansatz Nummer 1: Zwei Hormone, die im weiblichen Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielen, sind Östrogen und Progesteron. Die beiden Sexualhormone regulieren etwa Eisprung, Stoffwechsel und Stimmung und reagieren sehr sensibel auf die Energiezufuhr.

Zu tun hat das mit der hochkomplexen Produktion dieser Hormone. Vereinfacht gesagt, werden in unserem Gehirn Botenstoffe ausgeschüttet, die unsere Nebennieren zur Hormonproduktion anregen. Dieses System reagiert sehr empfindlich, wenn gefastet wird.

Die HPG-Achse

Wer's genauer wissen will: Fasten wirkt auf die HPG-Achse – die Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse. Sie verbindet den Hypothalamus im Gehirn mit den Nebennieren: Im Hypothalamus wird das Hormon GnRH produziert (das Gonadotropin-Releasing Hormon).

Das passiert hier genau

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Bei Frauen stösst das Hormon in den Nebennieren die Produktion des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des Luteinisierenden Hormons (LH) an, die wiederum die Produktion von Östrogen und Progesteron in den Eierstöcken stimulieren.

Wird die Essenszufuhr über längere Zeit zu stark reduziert, unterbricht das die feingliedrige Kette und die Menstruation kann beispielsweise ausbleiben.

Wichtig ist: Auch bei Männern führt chronische tiefe Energieverfügbarkeit zu Störungen der GnRH-Ausschüttung (bei ihnen stimuliert es die Testosteron- und Spermienproduktion). Nur, dass sich von ihnen kaum negative Erfahrungswerte finden lassen. Sind Frauen einfach nur wachsamer, was die Symptome angeht? Berichten Männer nicht von ihren Problemen? Beides gut möglich.

Zu wenig über Unterschiede bekannt

Die Expertin sieht – Erklärungsversuch Nummer 2 – noch eine andere Möglichkeit hinter den der Studienlage widersprechenden Aussagen: «Gerade was die komplexe Stoffwechselforschung angeht, wissen wir noch immer zu wenig über die Unterschiede von Frauen und Männern.»

Oftmals wären das sehr aufwendige Untersuchungen, die man auf die jeweiligen Zyklusabschnitte der einzelnen Studienteilnehmerinnen abstimmen müsste.

Gerade was die komplexe Stoffwechselforschung angeht, wissen wir noch immer zu wenig über die Unterschiede von Frauen und Männern.
Autor: Lia Bally Leitende Ärztin für Ernährung, Metabolismus und Adipositas

Ausserdem unterscheidet sich die Körperzusammensetzung von Frauen und Männer, was in der Interpretation von Stoffwechselbefunden berücksichtigt werden müsse. «Manchmal werden solche Studien mit Männern durchgeführt, weil das einfacher ist», so Lia Bally. Wie sinnvoll das ist, sei dahingestellt.

Unterschiedliche Moleküle bei Frauen

Erklärung Nummer 3 hat mit einem proteinähnlichen Molekül namens Kisspeptin zu tun.

Kiss? Kisspeptin!

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  • Abgesehen davon, dass Kisspeptin grundsätzlich am Fortpflanzungsprozess und Produktion der Geschlechtshormon-Regulation beteiligt ist, hat es auch eine zentrale Rolle in der Stoffwechselregulation und reagiert auf Hormone wie Insulin und Leptin.
  • Interessanterweise haben Frauen mehr Kisspeptin als Männer. Im Vergleich zu Männern scheint chronische tiefe Energieverfügbarkeit bei Frauen auch eher zu einem Absinken der Kisspeptinproduktion zu führen. Wenn Kisspeptin sinkt, beeinflusst dies die pulsatile GnRH Ausschüttung, was den Hormonzyklus durcheinanderbringen kann.
  • Übrigens kann auch zu viel Energie (etwa bei Übergewicht mit Überschuss an Fettgewebe) im Körper die GnRH-Regulation durcheinanderbringen. So beobachten Forschende nicht selten bei übergewichtigen Frauen Zyklus- und Fertilitätsstörungen. In solchen Fällen kann ein durch Intervallfasten erzieltes Energiedefizit durchaus positive Effekte haben.

Ob Frauen anders als Männer fasten sollten, lässt sich also nur schwer eindeutig beantworten. Eines steht aber fest: Wer es ausprobieren möchte, sollte trotz Diät unbedingt genug vom Richtigen essen: Vitamine, Spurenelemente und genügend Ballaststoffe sind die wichtigsten Bausteine – und zwar bei Frauen und Männer.

Onlinetalk Radio SRF1, 15.03.2022, 15:15 Uhr

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