1. Vielleicht 7 Grad
Gemäss Angaben der Weltorganisation für Meteorologie, die an der Klimakonferenz in Marrakesch publiziert wurden, hat sich die globale Temperatur bereits um 1,2 Grad erhöht verglichen mit dem vorindustriellen Zeitalter. Das ist mehr als befürchtet. Es lässt erahnen, wie schwierig es sein wird, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dieses Ziel war an der Klimakonferenz von Paris vor einem Jahr beschlossen worden. Noch schlimmer wird es nach der Einschätzung von Andrey Ganopolsky, einem Wissenschaftler am renommierten Potsdamer Institut für Klimaforschung. Gemäss seiner Studie, die soeben in «Science» veröffentlicht wurde, kann die Erdtemperatur um 7 Grad steigen – in nur 70 Jahren.
2. Überflutete Strassen
Die Bewohnerinnen und Bewohner der Küstengebiete im Bundestaat Florida, USA, müssen sich an ein neues, wiederkehrendes Ereignis gewöhnen: überflutete Strassen. Und zwar nicht bei Sturm, auch nicht bei Flut, sondern an ganz normalen, sonnigen Tagen. Die Strasse zur Tybee Island beispielsweise, die früher fast immer befahrbar war, verschwindet regelmässig unter Salzwasser. Betroffen sind auch Fort Lauderdale, Miami Beach und andere Orte. Überall müssen Städte und Gemeinden Strassen erhöhen und Dämme bauen gegen die steigenden Fluten. «Es ist, als ob das Land von allen Seiten angegriffen würde, und zwar gleichzeitig», sagt Andrea Dutton, eine Klimaforscherin an der Universität Florida, gegenüber der New York Times. Die Kosten gehen in die Milliarden, allein Miami Beach muss in den nächsten Jahren 400 Millionen aufwenden, um die Stadt vor dem steigenden Meeresspiegel zu schützen.
3. Arktisches Eis im Benzintank
Jede Autofahrt, jeder Flug, jede Heizperiode mit Öl oder Gas führt zu einem Abschmelzen des arktischen Eises und beschleunigt damit die Klimaerwärmung – diese Binsenwahrheit haben Forscher am Max-Planck-Institut und am National Snow and Ice Data Center in den USA nun genauer berechnet. So führt die Emission von einer Tonne CO₂ zum Abschmelzen von etwa drei Quadratmetern Eis. Umgerechnet lässt, laut verschiedenen Berechnungen, eine Autofahrt über 2000 Kilometer einen Quadratmeter Polareis schmelzen. Ein Hin- und Rückflug von Zürich nach San Francisco pro Person rund fünf Quadratmeter. Die Eisdecke in der Arktis ist so dünn und so klein wie noch nie zuvor.
4. Trendwende beim CO₂-Ausstoss
Gemäss einer Studie der University of East Anglia und des Global Carbon Project zeichnet sich eine Trendwende beim globalen Ausstoss an CO₂ ab. Gegenüber den Jahren 2004 bis 2013 haben die globalen CO₂-Emissionen 2015 nicht zugenommen. Sie werden vermutlich auch dieses Jahr nur um 0,2 Prozent ansteigen. Als Grund für den Rückgang geben die Autoren der Studie neue Trends in den USA und in China an. In beiden Ländern wird die schmutzige Kohle zunehmend durch das billigere Gas ersetzt. Um das Klima stabil zu halten, ist allerdings ein Rückgang des CO₂ in der Atmosphäre auf unter 350 ppm (parts per million) anzustreben – der Wert liegt zurzeit bei über 400.
5. CO₂ aus der Atmosphäre saugen
An der Klimakonferenz von Marrakesch werden auch Technologien vorgestellt, mit denen CO₂ aus der Atmosphäre abgesaugt werden kann. Führend bei dieser Technologie ist die Firma Climeworks, ein Spin-off der ETH Zürich. Climeworks hat eine Anlage entwickelt, die jährlich mindestens 300 Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre absaugen kann. Das CO₂ kann dann gelagert und mit der so genannten Power-To-Gas-Technologie für die Herstellung von Treibstoff verwendet werden. Bis 2025 will Climeworks rund ein Prozent des CO₂ aus der Atmosphäre absaugen, das sind etwa 36 Millionen Tonnen – in etwa der heutige CO₂-Ausstoss der Schweiz.
Inhalt
Klimaerwärmung Das Klima auf der Kippe
Die steigende Erdtemperatur ist ein düsteres Thema. Doch an der Klimakonferenz in Marrakesch werden sehr konkrete Schritte zur Begrenzung der Klimaerwärmung getan. Vier bedrückende Fakten und der erfreuliche Ansatz eines ETH-Spin-offs.