«LIIT ist so effektiv wie hartes Intervalltraining, aber nicht anstrengend» oder «Superfit werden, ohne zu schwitzen»: Schenkt man aktuellen Schlagzeilen in gängigen Lifestyle- und Fitnessportalen Glauben, scheint «LIIT» die Lösung für viele sportliche (Motivations-)Probleme zu sein.
Aber was ist das überhaupt? Wie effektiv ist «LIIT» wirklich? Personaltrainerin Nadine Michel klärt auf.
SRF Wissen: Nicht anstrengend, trotzdem supereffizient. Wenn etwas so verlockend klingt, steckt meist nicht viel dahinter. Was halten Sie von LIIT?
Nadine Michel: So einiges! In diesen Schlagzeilen ist die Trainingsform natürlich etwas überverkauft. Aber LIIT kann für viele Personen – gerade ältere – enorme Vorteile bringen.
Okay. Aber fangen wir von vorne an. Was bedeutet LIIT überhaupt?
Es steht für «Low Intensity Intervall Training». Es ist also ein Intervalltraining mit niedriger Belastung, das schonender für Gelenke und Herz-Kreislauf-System ist. Ganz im Gegensatz zu HIIT, dem High Intensity Intervall Training, bei dem man in sehr kurzen Intervallen wiederholt an die eigene Belastungsgrenze geht.
Welche Vorteile hat LIIT gegenüber HIIT?
Die Übungen werden sauber und ohne übermässigen Stress für den Körper ausgeführt. Während die Herzfrequenz beim HIIT auf bis zu 100 Prozent der maximalen Herzfrequenz steigt und in den Pausen auf bis zu 50 Prozent abfällt, liegt sie beim LIIT anhaltend bei moderaten 50 bis 65 Prozent.
Man kann in einem Low Impact Training die Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit verbessern.
Dementsprechend ist es auch für Menschen geeignet, die schon länger nicht mehr sportlich waren, für Einsteiger oder für Menschen, die Verletzungen hatten. LIIT kann aber auch Cross-Fit-Fans oder Triathletinnen bei der Muskelregeneration helfen.
Das klingt entspannt. Fast zu sehr. Bringt das denn überhaupt etwas?
Auf jeden Fall. Man kann in einem Low Impact Training die Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit verbessern. Gerade bei älteren Menschen kann das einen enormen Einfluss auf ihre Selbstständigkeit haben, wenn sie im Alltag fit bleiben.
Auf den berühmten Nachbrenneffekt, der nach dem HIIT-Training eintritt, muss man bei LIIT aber verzichten, oder?
Der erhöhte Kalorienverbrauch nach dem Sport fällt weg, genau. Dafür verzichtet man auch auf eine erhöhte Verletzungsgefahr. Übrigens gibt es auch Studien, die sich mit der Fettreduktion bei LIIT beschäftigt haben.
Forschende der University of Sydney haben etwa gezeigt, dass LIIT bei Erwachsenen mit Übergewicht besser wirkt als HIIT – weil sie ihr Sportprogramm motivierter und nachhaltiger durchziehen.
Was wären denn typische LIIT-Trainingsformen?
Pilates, Schwimmen, Aquajogging oder Nordic Walking zum Beispiel. Dinge, die vielen bekannt vorkommen dürften.
Stimmt. Also ist LIIT eigentlich nur eine fancy Bezeichnung für Trainings, die man schon kennt?
Wenn Sie keine Neuanfängerin sind, ja. Man kann übrigens auch HIIT-Übungen zu LIIT-Übungen machen. Nehmen wir etwa Squats, also Kniebeugen: Beim HIIT-Training würden Sie für 50 Sekunden davon sehr viele so schnell wie möglich absolvieren. Danach eine Pause von 15 Sekunden einlegen und dann wieder Vollgas geben. Das für etwa 20 Minuten.
Bei LIIT sind die Belastungsintervalle länger und sanfter, genauso wie die Pausen. Dafür dauert das Training dann allerdings auch um die 60 Minuten. Im Endeffekt ist es einfach wichtig, die Form zu wählen, die zu Ihren Bedürfnissen und Voraussetzungen passt. Egal, ob HIIT, LIIT oder etwas völlig anderes.
Das Gespräch führte Gina Buhl.