In der Mumienwerkstatt von Sakkara südlich von Kairo hat der Boden eine abfallende Rinne, damit Blut und andere Körpersäfte abfliessen können und im Dach sind Öffnungen, damit Verwesungsgerüche abziehen. Das ist gruseliger Standard.
Aber in dieser 2'600 Jahre alten Werkstatt gibt es darüber hinaus fein säuberlich beschriftete Töpfe und Krüge, die verraten, was einst drin war. Und mehr noch, sagt Philipp Stockhammer, Archäologe an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität und Mitautor der Studie: Auf manchen der 31 Gefässe steht auch die Gebrauchsanweisung.
Rizinusöl für den Kopf, Bienenwachs für den Magen
Da steht etwa «für den Kopf» oder «für eine schöne Haut». «Damit lassen sich die chemischen Rückstände im Inneren der Gefässe mit der Handlungsanweisung und dem Namen der Substanzen verbinden.»
Viele ägyptische Bezeichnungen, wie etwa «Antiu» oder «Sefet» sind zwar schon lange bekannt. Doch welche Ingredienzien sich dahinter verbergen, ist oft unklar.
Alte Gefässe mit Bedeutung gefüllt
Das deutsch-ägyptische Forscher-Team hat, mit Gaschromatografie und Massenspektrometrie, die molekularen Rückstände analysiert und gewissermassen die alten Gefässe mit Bedeutung gefüllt.
Das sei ein grosses Glück, sagt Stockhammer. «So haben wir festgestellt, dass zum Beispiel «Antiu» nicht wie angenommen Myrrhe oder Weihrauch ist, sondern eine Mischung aus Zedernöl, Zypressenöl und Tierfett.»
Globaler Handel für ein gutes Leben im Jenseits
Die Stoffe, die den Toten eine gelungene Reise ins Jenseits garantieren sollten, hatten oft selbst eine lange Reise hinter sich. Die meisten in der Mumienwerkstatt entdeckten Substanzen stammen nicht aus Ägypten, sondern aus der Levante, aus der Gegend des Toten Meers und sogar aus Südostasien.
Damit schliesse sich eine Wissenslücke zumindest teilweise, sagt der an der Studie nicht beteiligte Frank Rühli. Der Paläoanthropologe führt an der Universität Zürich Mumifizierungsexperimente durch.
Es ist nicht immer drin, was draufsteht
Rühli betont aber auch, Gefässe, die er und sein Team an anderen Orten untersucht haben, auch schon falsch beschriftet waren. Es war nicht immer drin, was draufstand. Zudem gab es damals regionale Unterschiede und die Mumifizierungspraxis hat sich über die Zeit verändert.
Hier schliesse die aktuelle Arbeit eine gewisse Lücke. Dennoch fehle immer noch viel Wissen darüber, wie genau mumifiziert wurde.
Familienbetriebe boten all-inclusive Mumifizierungspakete an
Das hat unter anderem damit zu tun, dass die ägyptischen Mumienwerkstätten einträgliche Familienbetriebe waren. Die Rezepte wurden wohl gut gehütet, sagt Studienautor Philipp Stockhammer: «Das waren professionelle Bestattungsinstitute, die verschiedene all-inclusive Angebote von verschiedener Qualität im Angebot hatten: salopp gesagt Silber, Gold oder Platinum.»
Einfache Familien konnten sich das nicht leisten. Sie bestatteten ihre Toten im salzig trockenen Wüstensand, der die Organe zumindest rudimentär konservierte. Sozusagen die Discount-Variante altägyptischer Mumifizierung.