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Bierglas.
Legende: Der wahre Biergeschmack liegt: in der Hefe. Getty Images

Gute Hefe ist der wahre Braumeister – aber schwer zu finden

Hefe ist die wohl wichtigste Bierzutat. Der Pilz produziert nicht nur Alkohol und Kohlensäure, sondern etwa 80 Prozent der Aromastoffe im Bier. Das wurde lange vernachlässigt. Mit der Popularität von lokalen Bierbrauereien ist wieder speziellere Hefe gefragt. Doch die muss man erst mal finden.

Der Keller gleicht einer Tropfsteinhöhle: Wasser tropft von der Decke, Pfützen bedecken den Boden, der Atem kondensiert zu kleinen Wölkchen. Mathias Hutzler stellt eine rostige Leiter an einen ebenso rostigen Metallbottich, klettert nach oben und kratzt mit einem Metallspatel energisch an der Innenseite des Bottichs herum.

Die sich lösenden Farb- und Drecksplitter fängt er in einem kleinen Plastikröhrchen auf, beschriftet es und reicht es seinem Freund und Kollegen Steven Wagner. Dann ziehen die beiden Wissenschaftler weiter.

Foto einer Höhle mit Besuchern.
Legende: Die Lavakeller in der Eifel liegen 32 Meter unter der Erde. Die Bierkeller sind teilweise für Besucher zugänglich. Wikimedia/Holger Weinandt

Im tiefsten Bierkeller der Welt

Hutzler leitet das Hefezentrum der Technischen Universität München. Wagner ist Genetiker an der Central Washington University in den USA. Gemeinsam haben sie eine Mission.

Sie suchen nach lang vergessenen Hefestämmen mit einzigartigen Aromakombinationen, die früher beim Bierbrauen zum Einsatz kamen, dann aber in Vergessenheit gerieten. Ihre Suche führt sie in die Vulkaneifel, in den tiefsten Bierkeller der Welt.

«Hefe ist der wahre Braumeister», sagt Hutzler. Und trotzdem wurde der Beitrag der Hefe zum Biergeschmack lange Zeit eher stiefmütterlich behandelt.

Pflegeleichte Hefen erwünscht

In den vergangenen Jahrzehnten haben Brauereien auf der ganzen Welt ihre traditionellen Hefestämme gegen pflegeleichtere Hefe ausgetauscht. Hefe, die schnell fermentiert (Zeit ist Geld), die einfach in der Handhabung ist und keine Fehlaromen produziert.

Einzigartige Aromakombinationen standen lange Zeit nicht auf dem Wunschzettel. Doch heute öffnen wieder mehr und mehr kleine, handwerkliche Brauereien. Verbraucher verlangen nach kreativen Bieren. Die Zeit ist reif für eine Renaissance der alten Hefen.

Audio
Hefejagd im tiefsten Bierkeller der Welt
aus Wissenschaftsmagazin vom 20.08.2016.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 39 Sekunden.

Je dreckiger, desto besser

Im Bierkeller in der Vulkaneifel wagen sich Wagner und Hutzler immer tiefer in die Dunkelheit vor. Der Schein der Taschenlampe flackert über Schläuche, Eimer und Wannen.

Als vor über 30 Jahren auch die letzte Brauerei aus dem Keller abzog, blieb das alte Equipment einfach zurück. Hutzler freut das. Je dreckiger, desto besser. Wenn früher nicht ordentlich geputzt wurde, dann kleben vielleicht noch heute Hefen in den Ecken.

Die Lagerhefe dominiert

Zwei Hefearten dominieren in den Braukesseln. Die obergärige Hefe (Saccharomyces cerevisiae) liefert Biere wie Kölsch, Alt und Weizen.

Die untergärige Hefe (Saccharomyces pastorianus), deren Zellen während des Brauprozesses zu Boden sinken, braucht man hingegen für Helles oder Pils. Etwa 90 Prozent der weltweiten Bierproduktion verdanken wir heute dieser Lagerhefe.

Tafel mit Biernamen.
Legende: Kleinere und lokale Brauereien werden immer beliebter, und die Nachfrage nach individuellen Geschmäckern immer grösser. Keystone

Woher stammen die Hefen?

Lagerhefe entstand erst vor rund 500 Jahren, vermutlich in einem Bierkeller in Deutschland. Der Verdacht liegt nahe, denn schliesslich stammen auch untergärige Biere von dort.

Auch dieses Geheimnis wollen Wagner und Hutzler lüften: In welchem Bierkeller fand die folgenschwere Kreuzung statt?

Nach der Suche folgen die Tests im Labor

Nach fünf Stunden schleppen sie ihre Ausrüstung wieder 150 Stufen nach oben ans Tageslicht. Sie sind durchgefroren, aber glücklich mit ihrer Ausbeute.

Im Labor müssen sie jetzt testen, ob sie tatsächlich Hefen gefunden haben und ob Stämme mit ungewöhnlichen Aromen dabei sind.

Dann könnten Brauer damit alte Rezepte nachkochen. Oder ganz neue erfinden.

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