Nun ist es offiziell: Das «Human Brain Project» unter der Leitung der ETH Lausanne ist einer der Gewinner der europäischen Flagship-Forschungsinitiative. Das hat die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes heute in Brüssel mitgeteilt.
Der zweite Gewinner ist das Projekt «Graphene» unter schwedischer Leitung. Beide Vorhaben sollen über die nächsten zehn Jahre mit je einer Milliarde Euro gefördert werden. Beteiligt sind jeweils mehrere europäische Länder und Hunderte von Forschern.
Anspruchsvolles Vorhaben in Lausanne
Die Wissenschaftler des «Human Brain Project» wollen das menschliche Gehirn mit Supercomputern simulieren – und zwar bis ins kleinste Detail. So soll es möglich werden, das Gehirn, seine Funktionsweise und auch Hirnerkrankungen in Zukunft besser zu verstehen.
Geleitet wird das Projekt vom charismatischen Neurowissenschaftler Henry Markram von der ETH Lausanne. Ihm schwebt vor, alles bisherige Wissen über das Gehirn in einem Computermodell zusammenzufassen, mit Hilfe neuer Informatikplattformen.
Freude bei Schneider-Ammann
Im Vorfeld war Kritik an Markrams Vision laut geworden, das Hirn zu simulieren – auch aus den Reihen der Neurowissenschaftler. Die EU-Kommission spricht ihm nun aber ihr Vertrauen aus.
Der Zuschlag aus Brüssel freut auch den Bundesrat. Er sei sehr wichtig für die Schweizer Forschungslandschaft, sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Für die EU scheint es in diesem Fall kein Problem zu sein, dass die Schweiz nicht EU-Mitglied ist. Man wolle die besten Forscher Europas vereinen, sagte Kroes in Brüssel: «Die Resultate zählen, und nicht der Pass.»
Das Silicon Valley als Vorbild
Auch am Projekt «Graphene» sind Schweizer Forscher beteiligt, wenn auch nicht in leitender Funktion. Es befasst sich mit dem neuartigen Werkstoff Graphen, der aus einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen besteht. Er hat ganz besondere Eigenschaften und könnte in elektronischen Bauteilen dereinst möglicherweise Silizium ersetzen. Europa soll zum «Graphene-Valley» der Welt werden.
Finanzmittel aus Brüssel und Nationen
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Vorerst erhalten die beiden Projekte je 54 Millionen Euro. Das restliche Geld soll dann einerseits aus den Töpfen der EU stammen; konkret aus dem Rahmenprogramm «Horizon 2020», das derzeit in Brüssel verhandelt wird.
Andererseits werden auch die einzelnen Länder und deren Fördergremien einen Teil beitragen müssen. Der Bund hat laut der ETH Lausanne als einer der Geldgeber über den ETH-Rat bereits 75 Millionen Franken bis 2017 bereitgestellt.