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Bild 1 von 19. Von 1850 bis 1855 wird auf dem heutigen Berner Stadtgebiet die «Irren-, Heil und Pflegeanstalt Waldau» gebaut. In der Folge wird die Klinik Ende der 1880er Jahre zur «Bernischen Kantonalen Irrenanstalt» und damit der kantonalen Universität angegliedert. Seit 1979 heisst sie «Psychiatrische Universitätsklinik Waldau». Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 19. Der historische Grundrissplan der Waldau zeigt zwei grosse Trakte: die vordere und die hintere Abteilung. In der vorderen Abteilung, zum Haupteingang hin, waren die ruhigeren Patienten untergebracht, in der hinteren Abteilung die schwereren Fälle. Ebenso war die Anlage in der Mitte strikt geschlechtergetrennt: rechts Frauen, links Männer. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 19. Im 19. Jahrhundert ist die Zwangsjacke entstanden: Spezialität sind die überlangen Ärmel, die vorne zugenäht sind und auf den Rücken gebunden wurden, um den Patienten zu fixieren. Das Material einiger Jacken war aus Trilch gefertigt, einer extrem dichten Gewebekonstruktion aus Baumwolle oder Leinen – und damit praktisch unzerreissbar. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 19. Solche Fesselungsgurte (Ende 19. Jahrhundert) zählen zu den sogenannten mechanischen Zwangsmassnahmen aus der frühen Zeit der psychiatrischen Anstalten. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 19. Lederhandschuhe, die zugeschnürt werden konnten, wurden für Patienten verwendet, die selbstgefährdet waren oder eine unmittelbare Gefahr für andere, damit sie weder sich noch andere verletzen oder kratzen konnten. Bildquelle: SRF.
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Bild 6 von 19. Um 1824 wurden in psychiatrischen Anstalten «unruhige, unfolgsame, schreiende und gefährliche Irre» auf dem Zwangsstuhl, auch Beruhiger (englisch: Tranquilizer) genannt, festgebunden. Je nach Schweregrad des «Kranken» wurde er tagelang fixiert. Man glaubte, der «Irre» werde durch die unangenehme Lage ruhig, besonnen und folgsam. Bildquelle: SRF.
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Bild 7 von 19. Historisches Deckelbad, Ende 19. Jahrhundert: Der Deckel mit der Kopfaussparung konnte verschlossen werden. Es gab kleinere Löcher, um altes Wasser abzulassen und neues Wasser zuzuführen. Bildquelle: SRF.
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Bild 8 von 19. In den damaligen Bäderkuren steckt ein erster therapeutischer Ansatz im Sinne einer Hydrotherapie, welche beruhigend auf die Patienten wirken sollte. Bildquelle: Schweizerisches Psychiatrie-Museum Bern.
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Bild 9 von 19. Elektroschock-Geräte entstanden in den 1930er-Jahren. Behandlungen mit Elektroschocks sollten einen künstlichen, therapeutischen Krampfanfall auslösen, um die Ausschüttung von Neurotransmittern und Neurohormonen zu stimulieren. Unter strengen Auflagen und besserer Kontrolle wird die Elektrokrampftherapie heute noch angewendet. Bildquelle: SRF.
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Bild 10 von 19. Alltag in der Waldau: Patienten und Helfer decken ein Scheuendach neu. Die Waldau war wie viele andere psychiatrische Kliniken ein Selbstversorger-Betrieb. Deshalb arbeiteten auch Patienten in Beschäftigungsprogrammen mit: Frauen in Wäschereien, Küchen oder bei Handarbeiten ... Bildquelle: Schweizerisches Psychiatrie-Museum Bern.
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Bild 11 von 19. ... und die Männer arbeiteten beim Handwerk oder Korbflechten mit. Bildquelle: Schweizerisches Psychiatrie-Museum Bern.
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Bild 12 von 19. Kreativität als Therapeutikum: Patientinnen beim Malen. Wie die Beschäftigungstherapie galt auch die Förderung künstlerischer Fähigkeiten als wichtiger Bestandteil in der Behandlung psychisch Kranker. Ebenso wie die Gruppen- und Ergotherapie. Bildquelle: Schweizerisches Psychiatrie-Museum Bern.
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Bild 13 von 19. Ein Resultat der künstlerischen Betätigung: Die Skulptur «Tanzende Frauen», eine anonyme Holzarbeit einer Patientin zwischen 1900 und 1910. Aus der Sammlung Morgenthaler. Bildquelle: SRF.
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Bild 14 von 19. Eine Sammlung aus Holz nachgemachter Schlüssel und Dietriche: Wer welchen Schlüssel besass, war zentral für die Frage, welches Personal sich in welchen Bereichen bewegen durfte ... Bildquelle: SRF.
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Bild 15 von 19. ... und ebenfalls zu finden: selbstgemachte Stichwaffen ... Bildquelle: SRF.
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Bild 16 von 19. ... und eine selbstgebastelte Revolverattrappe aus Papier und Holz, mit der ein Patient einen Wärter bedrohte und fliehen konnte. Bildquelle: SRF.
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Bild 17 von 19. Der Schriftsteller Robert Walser (1878 -1956) wird nach mehreren Selbstmordversuchen 1929 in die Heilanstalt Waldau eingeliefert. Von dieser Zeit an schreibt er nicht mehr. 1933 wird er in die Nervenheilanstalt seines Heimatkantons in Herisau überführt. Walser gilt literarisch als Vorläufer Kafkas, der ihn als Schriftsteller bewunderte. Bildquelle: SRF.
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Bild 18 von 19. Friedrich Karl Glauser (1896-1938) kam 1934 für zwei Jahre in die Waldau. Der ehemalige Fremdenlegionär und Schriftsteller litt seit 1924 an Malaria und Morphiumsucht. 1938, am Vorabend seiner Hochzeit, stirbt Glauser. Zu seinen bekanntesten Werken zählen «Matto regiert», «Wachtmeister Studer» oder «Der Chinese». Bildquelle: SRF.
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Bild 19 von 19. Der Berner Künstler Adolf Wölfli wurde nach mehreren Notzuchtversuchen an Minderjährigen 1895 eingeliefert. Erst in der Anstalt begann er 1899, Musik zu komponieren, zu zeichnen und zu malen. Wölfli gilt heute als einer der wichtigsten Vertreter der Art Brut. 35 Jahre lang lebte und arbeitete er in der Waldau, und 1930 starb er auch hier. Bildquelle: SRF.
Abseits des Hauptgebäudes der Psychiatrischen Uniklinik Waldau in Bern steht, neben der alten Siechenkapelle aus dem 15. Jahrhundert, auch das Schweizerische Psychiatrie-Museum. Durch ein ehemaliges Zellen-Tor aus dem 17. Jahrhundert betritt der Besucher die ständige historische Ausstellung. Hier lassen sich drei wichtige Phasen in der Geschichte der Psychiatrie nachverfolgen: die Zwangsmassnahmen, die Kuren und die Behandlung mit Psychopharmaka.
Zwangsmassnahmen
Ende des 19. Jahrhunderts, mit dem Aufstieg des Bürgertums, beginnt die Gesellschaft, psychische Krankheiten als medizinische Probleme zu betrachten. In der Pionierzeit der Anstalten für psychisch kranke Menschen steht aber die Verwahrung der geistig Verwirrten im Vordergrund: Zwangsjacken, Gürtel und Fesselungsvorrichtungen prägen das Bild – aber auch spezielle Geräte wie das so genannte Deckelbad, eine Badewanne mit abschliessbarem Deckel, aus dem nur noch der Kopf herausragte. Aufgebrachte Patienten wurden darin bis zu 14 Stunden lang im Wasser liegend eingesperrt.
Kuren mit Schocks und Schlaf
Anfang des 20. Jahrhunderts entstehen die sogenannten Kuren. Mit Insulin oder Malaria-Erregern lösen die Ärzte bei den Patienten Fieberschübe aus, damit die Patienten bettlägerig werden – und damit leichter zu behandeln sind. Besonders in der Schweiz kommen in den 1920er-Jahren die Schlafkuren gross in Mode: Meist schizophrene Patienten wurden mit 5 bis 10-tägigen Schlafkuren behandelt, hervorgerufen durch Barbiturate wie Somnifen – eine Art künstliche Dauernarkose. Die Behandlung war sehr aufwendig, und es kam auch zu Todesfällen.
In den 30er-Jahren ersinnen die Therapeuten auch Schockkuren mit Stromschlägen oder Behandlung mit Cardiazol, einem Mittel, das den Kreislauf stimuliert. Diesen Verfahren liegt die Idee zugrunde, dass ein künstlich hervorgerufener Schock die Selbstheilungskräfte im Körper mobilisiert. Zudem ist damals die Meinung verbreitet, dass sich Epilepsie und psychische Krankheiten wie Psychosen ausschliessen; deshalb wurde versucht, solche Krämpfe künstlich herbeizuführen – die Anfälle sollten also die Psychose «bekämpfen».
Psychopharmaka
Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts kamen die ersten Psychopharmaka auf den Markt. Das führte zu einem weitreichenden Umbruch in der Behandlung psychischer Krankheiten: Im Laufe vieler Jahre wurden die körperlichen Kuren durch Medikamente abgelöst – und auch fragwürdige Hirnoperationen wie die Lobotomie: die operative Durchtrennung des Gewebes zwischen Frontallappen und Thalamus, um emotionale Ausbrüche dauerhaft zu unterbinden. Apathie war oft die Folge.
Prominente Patienten
Auch verschiedene bekannte Namen sind unter den Patienten der Waldau zu finden: etwa Robert Walser, Friedrich Glauser und Adolf Wölfli. In der Ausstellung des Psychiatrie-Museums gibt es eine eigene Abteilung mit Werken des schizophrenen Künstlers, der einer der bekanntesten Berner Musiker und Künstler seiner Zeit war. Wölfli produzierte mehr als 1'500 Zeichnungen, Collagen, 25'000 Seiten mit Gedichten, Erzählungen und Kompositionen, die er zu Heften band.
Der Psychiater Walter Morgenthaler war zu dieser Zeit Oberarzt in der Waldau. Er förderte und begleitete das künstlerische Schaffen Wölflis für seine Studien darüber, wie wichtig die Beschäftigung bei der Therapie psychiatrischer Patienten ist. 1921 erschien die aufsehenerregende Krankengeschichte Wölflis unter dem Namen «Ein Geisteskranker als Künstler».