Der menschliche Körper gleicht hin und wieder einer Überraschungstüte – und macht dann eben Dinge, die im ersten Moment nicht besonders viel Sinn ergeben.
So entwickelt er etwa bei 6 bis 20 Prozent der Weltbevölkerung «Misophonie», einen Hass auf Geräusche. Die Betroffenen verspüren bei vermeintlich harmlosen Alltagsgeräuschen Aggressionen, Wut oder Hass auf die Geräusch-Verursachenden.
Misophonie in der SRF-Community
Auch unsere Community kennt das Phänomen, wie die zahlreichen Rückmeldungen in unserer Kommentarspalte auf Youtube und diesem Artikel zeigen.
Beispiele gefällig? Bitteschön.
Angeführt wird die Hass-Liste der SRF-Userinnen von Essgeräuschen: «Apfel abbeissen und kauen. Mein Gatte schafft es so laut, dass ich meist ins Nebenzimmer flüchte», schreibt etwa Katharina.
Gabeln und Geraschel
«Was ich gar nicht mag, ist, wenn jemand mit der Gabel beim Essen an den Zähnen ankommt», erzählt Userin Gold Sturm. Löffel, die an Joghurtbechern kratzen, sind für User Pompeii ein Grund, den Raum zu verlassen.
Noch unangenehmer als die Essgeräusche an sich, ist für User Toni die Verpackung: «Das unablässige Geraschel der Säcke, aus welchen die Leute ihre Essware herausklauben. Das ekelt mich an!»
Abhilfe durch eigenes Schmatzen
Renate fühlt sich sogar von Essensgeräuschen in Filmen gestört. Doch sie hat eine Strategie entwickelt: «Ich esse dann einfach etwas, das auch laute Geräusche macht, Karotten oder Knäckebrot zum Beispiel.»
Schon der Vater unserer Userin Karen leidet an der akustischen Überempfindlichkeit. Nebst Kaugeräuschen und Husten triggert sie Atmen durch den Mund: «Mein Freund kann meine Misophonie nicht nachvollziehen.»
Schluckauf und Gläser
Doch auch Karen versucht, einen Umgang damit zu finden: «Ich ahme die mich störenden Geräusche (unbewusst) nach. Ein Tipp, den auch Misophonie-Expertinnen und Experten geben.
Auch andere Alltagsgeräusche triggern Wut: User Skaverle etwa hat die Probleme in der Küche: «Wenn man Gläser aus der Spülmaschine nimmt und mit einem Tuch abtrocknet. Das Quietschen kommt aus der Hölle!»
Joël schlägt der Schluckauf von anderen Personen auf den Magen: «Wenn jemand im Zug hickst, muss ich das Abteil wechseln. Mir wird es richtig schlecht.»
Der Grund für die Misophonie könnte, so aktuelle Annahmen britischer Wissenschaftler, in einem Teil unseres Gehirns liegen, der unserer Kaumuskulatur steuert. Bei Misophonie-Patienten ist dieser stärker aktiviert als bei Kontrollpersonen. Dieser Teil soll ausserdem deutlich stärker mit dem Areal verbunden sein, der den Klang und das Sehen verarbeitet.
Das führt dazu, dass das Gehirn von Misophonie-Betroffenen meint, dass sie selbst kauen würden, allein wenn sie einer anderen Person dabei zuhören oder zusehen.