Schwarz, tiefschwarz sehen die meisten von uns die Welt. Das ist keine leere Behauptung. Hans Rosling hat sie mit zahlreichen Befragungen untermauert.
Mit Fakten und Statistiken gegen den weit verbreiteten Pessimismus angehen: Das war die Mission des schwedischen Statistikers und Epidemiologen.
Verzerrtes Bild der Welt
Hans Rosling ist vor einem Jahr gestorben. Posthum ist sein Buch «Factfulness» erschienen, das er mit seinem Sohn Ola und dessen Frau Anna geschrieben hat. «Factfulness» ist ein Kunstwort der Roslings für «die stress-vermindernde Gewohnheit, nur Meinungen zu haben, die von zuverlässigen Fakten gestützt sind.»
Im Sinne seines Credos liess Hans Rosling zu seinen Lebzeiten 12'000 Menschen ein Dutzend Testfragen beantwortet: Wie viele extrem arme Menschen es auf der Welt gebe, wie hoch die globale Impfrate von Kindern sei, wie es um die wirtschaftliche Entwicklung stehe.
Obwohl Rosling jeweils drei Antworten zur Auswahl vorgab, lag die grosse Mehrheit bei allen Fragen falsch. Sie sah die Welt zu düster.
«Wir haben ein verzerrtes Bild der Welt. Wenn wir etwas nicht wissen, tippen wir auf die schlechteste Möglichkeit», sagte Hans Rosling einmal vor Publikum.
Er hielt unzählige Vorträge, vor der Öffentlichkeit und vor den Eliten, wie Verwaltungsräten oder Gremien der Uno. Die Welt ist viel besser, als die meisten glauben, beteuerte er stets.
Vieles wird besser
Mit animierten Grafiken demonstrierte Hans Rosling, wie sich die Welt seit den 1960er-Jahren zum Positiven verändert hat. Ein Beispiel ist die Geburtenrate. In den 1960ern gab es zwei Gruppen: die Industrieländer mit tiefen und der Rest der Welt mit hohen Geburtenraten. Seither ist die Rate überall massiv gesunken.
Mit Roslings Worten: Wir leben in einer komplett neuen Welt – in einer besseren Welt, in der es viel weniger arme Menschen gibt, in der die grosse Mehrheit aller Kinder geimpft wird, selbst in den ärmsten Ländern, und in der die Lebenserwartung generell stark gestiegen ist.
Nur haben das die meisten Menschen nicht mitbekommen, sagt Anna Rosling, die Schwiegertochter und Mitstreiterin von Hans Rosling. Denn: «Die Welt ist unübersichtlich und sie verändert sich nur langsam.» Viele Entwicklungen bleiben unter dem Radar, weil nur die plötzlichen, dramatischen Ereignisse für Schlagzeilen sorgen.
Es gelte bei all dem herrschenden Pessimismus auch die Erfolge zu sehen, sagt Anna Rosling: «Wir müssen die Dinge, die wir erreichten, auch wertschätzen.»
Die negative Weltsicht setze die Menschen unter unnötigen Stress, sagt Anna Rosling. Und vor allem: «Wenn wir das grosse Bild aus den Augen verlieren, führt das zu falschen Entscheidungen.»
Angst ist ein schlechter Ratgeber
Ein eindrückliches Beispiel dafür stammt aus Hans Roslings Leben. Mit Anfang 30 arbeitete Rosling als Arzt im ländlichen Mosambik. In der abgelegenen Region Memba kam es zu einer rätselhaften Epidemie.
Ein Beamter drängte Rosling dazu, Memba unter Quarantäne zu stellen. Rosling stimmte zu, obwohl er vollkommen unsicher war, ob es sich tatsächlich um eine ansteckende Krankheit handelte.
Kurz danach starben Dutzende Frauen, Kinder und Fischer – aber nicht an der Krankheit. Sie ertranken, als ein Fischerboot auf dem Weg von Memba zur nächsten Stadt unterging. Die Frauen fuhren normalerweise mit dem Bus in die Stadt, um ihre Waren zu verkaufen. Wegen der Quarantäne baten sie Fischer um Hilfe.
Angst, gefördert durch unser allzu dramatisches Bild der Welt, ist ein schlechter Ratgeber, schlussfolgert Anna Rosling.
Unbequeme Wahrheiten
Unwissenheit erzeuge diese Angst, betonte Hans Rosling stets. Mit empirischen Fakten hielt er dagegen. Zum Beispiel, was Terrorismus angeht. Der hat in den letzten Jahren tatsächlich zugenommen, wie es viele glauben. Allerdings betraf der Anstieg an Terrortoten nicht Europa oder die USA, sondern Länder wie Afghanistan, Nigeria und Pakistan.
Hans Rosling scheute sich nicht, auch politisch unbequeme Statistiken bekannt zu machen, wie während der Flüchtlingskrise in Europa. Damals rechnete er vor, wie viele syrische Flüchtlinge in der Region blieben und wie viele nach Europa gelangten.
Nur 2 Prozent schafften es nach Europa, sagte Hans Rosling. Dass es danach wütende Kommentare auf seinem Blog hagelte, stoppte seinen Drang zu informieren nicht. Hans Rosling war ein Aufklärer durch und durch.
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