Römische Säulen, Grabsteine, Türschwellen – säuberlich beschriftet liegen sie in einer Scheune in Augst (BL) auf Paletten.
Mittendrin steht die Archäologin Sandra Ammann. Sie leitet die Sammlung von Augusta Raurica, der ehemaligen Römerstadt am Rhein. Das Lager in der Scheune sei aber nur eines von vielen. Die Lager seien so vollgestopft, dass Fundstücke nicht mehr zugänglich seien.
Kein Platz für Historisches
Das Problem: Es fehlt an Platz für die Millionen neuer Funde der Schweizer Archäologen. Jedes Jahr wird in der ganzen Schweiz mehr als 20 Tonnen Material ausgegraben. Die Depots sind überfüllt.
Zudem sind die Lagerbedingungen teilweise schlecht. «Wir hatten Schimmelbefall im Lager. Die Objekte müssen dann sofort von den Restauratoren behandelt werden», erzählt Archäologin Sandra Ammann. Und weil die Temperatur stark schwankt, platzen Teile der 2000 Jahre alten Architekturfragmente ab.
Von den Knochen lernen
Im zweiten Stock der Scheune sind die Tierknochen eingelagert. Reihenweise stapeln sich die Kisten – Knochenstück um Knochenstück. Ammann nimmt zwei in die Hand: «Das sind sehr wahrscheinlich die Knochen einer Kuh.»
Jedes Jahr kommen etwa 60 Bananenkisten Tierknochen dazu. Mehr als sechs Millionen Knochen sind es wohl schon, schätzt Ammann. Wozu braucht man die alle?
«Anhand der Knochen können wir die Essgewohnheiten der Menschen nachzeichnen», klärt die Archäologin auf. Da alle Knochen einzelnen Grabungsschichten zugeordnet sind, können die Forscher abschätzen, wie sich der Fleischkonsum über die Zeit und je nach Stadtquartier verändert hat.
Von nah und fern
Noch interessanter aber sind die menschlichen Skelette. Mit neuen Methoden kann man sie zum Sprechen bringen, erklärt Sandra Ammann. «Mit Isotopenanaylsen können wir nachweisen, ob der Mensch hier geboren oder aus einer anderen Region eingewandert ist.»
Andere Archäologen haben ein Teil ihrer Skelette aus Platznot entsorgt. Sandra Ammann ist froh, dass sie die Knochen noch hat.
Noch glücklicher macht sie, dass das Baselbieter Parlament jetzt 14 Millionen Franken gesprochen hat, damit die desolaten Depots in einem zeitgemässen, klimatisierten Lager zusammengeführt werden können.
Neues Lager bereits wieder voll
In Basel-Stadt gibt es bereits ein modernes Funddepot. Alles ist fein säuberlich verpackt und gelagert in hohen Regalreihen. Der verantwortliche Archäologe Till Scholz drückt einen Knopf und elektrisch gesteuert verschieben sich die langen Regale wie von Geisterhand.
«Der Vorteil des elektrischen Rolllagers ist die schonende Bewegung für das Fundmaterial», so Scholz.
Automatik hin oder her – auch hier herrscht Platznot. «Das grosse Depot wurde vor sieben Jahren eröffnet, aber die Kapazitäten sind in absehbarer Zeit erschöpft.»
In Zukunft nur noch Scans
In Basel wird – wie überall – lange nicht alles aufgehoben, was gefunden wird. Ziegel und Mauersteine, etwa von einer römischen Villa, werden gewogen, fotografiert und dann sogenannt dokumentiert entsorgt, sagt Till Scholz.
«Es ist nicht möglich Lager um Lager zu bauen, um das alte Basel einzulagern. Wir werden in Zukunft schwere Entscheidungen treffen müssen und auswählen.» Von tonnenschweren Steinen wird man künftig wohl nur noch einen 3D-Scan aufbewahren. Und angerostete Eisenteile werden mit Hilfe eines Computertomographen analysiert und dann grösstenteils entsorgt.
In der ganzen Schweiz werde man sich Gedanken in diese Richtung machen müssen, sagt Scholz. Die schwierige Debatte, wie viel man wirklich behalten müsse, sei unter Archäologen bereits im Gange.