Avenches ist ein kleiner Ort mit etwas mehr als 4000 Einwohnern im Kanton Waadt. Das war nicht immer so: Rund 20'000 Menschen lebten hier einst. Denn Aventicum, wie es vor 2000 Jahren hiess, war zur Römerzeit die bedeutendste Stadt Helvetiens.
Aventicum verdankte seine Bedeutung der Tatsache, dass die römische Reiseroute vom Rhone-Delta nach Germanien durch Avenches hindurch führte. Dieser Vergangenheit ist jetzt eine neukonzipierte Ausstellung gewidmet.
Entwicklung im Schnellverfahren
Besucherinnen und Besucher tauchen im örtlichen Museum mittels einer 3-D-Animation unmittelbar in die Geschichte von Avenches ein.
Auf ein massstabgetreues topographisches Relief werden die Standorte der römischen Bauten projiziert. Man erkennt, wie sich Aventicum verändert hat. Parallel dazu illustriert ein Trickfilm auf einem Bildschirm an der Wand, wie sich das Leben damals abgespielt haben könnte.
Ein gelungener Überblick
Museumsdirektorin Marie-France Meylan-Krause ist stolz auf diese neue Projektion: «Endlich ist es uns gelungen, in zehn Minuten einen Überblick zu geben, wie Aventicum gewachsen ist und sich zur Blütezeit als Hauptstadt der Helvetier zu einer Stadt mit rund 20'000 Einwohnerinnen und Einwohnern entwickelt hat.»
Früher war im Museum alles chronologisch geordnet. Jetzt ist neu alles thematisch gruppiert, und das Haupt-Thema ist «Macht».
Die gibt es in vielerlei Form zu betrachten. Im Zentrum steht die kaiserliche Macht, dargestellt mit dem Prunkstück von Avenches, der Goldbüste des römischen Kaisers Marc Aurel.
Neben der kaiserlichen gibt es die militärische Macht, die Macht des Ortes Aventicum, die Macht der römischen Götter, Symbole, Mythen und Bilder. Festinstallierte Tablets liefern Informationen, Bilder und Videos zu den Exponaten und machen die Ausstellung so verständlicher.
Vitrinen mit Klimaschutz
Bereits vor 180 Jahren wurde das Museum eröffnet, nämlich im Turm, der im Mittelalter beim Amphitheater angebaut wurde.
Dieser historische Turm hat einen gewissen Charme, doch stellt er die Konservatoren vor grosse Herausforderungen: Letztes Jahr wurde bekannt, dass die Exponate zu grossen Temperaturschwankungen und zu hoher Luftfeuchtigkeit ausgesetzt sind.
Bei den Ausstellungsvitrinen kommt deshalb nun modernste Technologie zum Einsatz: Temperatur und Luftfeuchtigkeit können individuell eingestellt und ferngesteuert verändert werden.
Dies erlaubt zum ersten Mal, heikle Objekte im Original auszustellen: zum Beispiel ein Klappmesser mit einer Klinge aus Metall und einem Griff aus Elfenbein, den zwei Gladiatoren zieren.
«Elfenbein und Metall fordern ein ganz bestimmtes Klima», erklärt Direktorin Marie-France Meylan-Krause, «neu sind auch eine Schmuckdose aus Elfenbein in Form einer Theatermaske oder ein Kurzschwert aus Eisen mit einem Griff aus Knochen und Elfenbein zu bestaunen.»
Traum eines neuen Museums
Das Problem des ungünstigen Klimas im Turm aus dem 11. Jahrhundert ist gelöst, nicht aber das Sicherheitsproblem. Es ist schwierig, den denkmalgeschützen Turm hundertprozentig einbruchsicher zu machen.
Deshalb steht nach wie vor nur eine Kopie der wertvollen Goldbüste von Marc Aurel in der Vitrine, wie Marie-France Meylan-Krause bedauert: «Wir hoffen eines Tages in einem neuen Museum, das Original zu zeigen. In einem Museum in dem wir auch mehr Platz haben, denn nach wie vor sehen die Besuchenden nur einen Bruchteil der immens reichhaltigen Sammlung.»
Noch mehr Schätze aus der Römerzeit
Weil der Turm auf Dauer kein optimaler Ort für Schätze aus der Römerzeit ist, denkt man in Avenches über ein neues Museum nach. Konkrete Pläne gibt es aber noch keine. Deshalb wurde nun vorerst im bestehenden Museum die Ausstellung modernisiert und digitalisiert.
So kann sie laufend verändert und an neue Fundstücke angepasst werden. Denn auszugraben gibt es in Avenches noch einiges: Bis jetzt haben Archäologen erst rund ein Viertel der römischen Stadt freigelegt.
Sendung: 14. 9. 2018, Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 17:20 Uhr