Die Kurzschläfer haben sich selber gemeldet. Sie bräuchten nur gerade 4,3 bis 5,5 Stunden Schlaf und fühlten sich trotzdem ausgeruht, schrieben Vater und Sohn in einer Mail an Schlafforscherin Ying-Hui Fu von der University of California San Francisco. Und: Ob Fu vielleicht Interesse hätte, sie zu untersuchen?
Klar war Ying-Hui Fu interessiert, ist sie doch die Pionierin der Kurzschlaf-Forschung. Fu analysierte die Gene der beiden und wurde fündig. Vater und Sohn tragen eine Variante des NPS-Gens in sich. Die lässt sie offensichtlich kurz schlafen und lange wach bleiben.
Muntere Mäuse
Um dieses Gen und dessen Wirkung besser zu verstehen, züchtete das Team von Ying-Hui Fu Mäuse mit derselben Genmutation. Auch die Mäuse mit dieser Genvariante schliefen deutlich weniger lange als ihre normalen Artgenossen.
Mehr noch: Die Tiere zeigten trotz kürzerer Schlafdauer keinerlei Ermüdungserscheinungen. Bei Gedächtnistests schnitten sie genauso gut ab wie die unveränderten Mäuse in der Vergleichsgruppe.
Bereits das dritte Gen
Schlafforscherin Ying-Hui Fu hat bisher drei Kurzschlaf-Gene entdeckt – das erste vor zehn Jahren. Zu der Zeit dachte noch niemand, dass das Geheimnis des Kurzschlafs in den Genen liegen könnte.
Doch Fus Team fand bei einer Mutter und deren Tochter eine besondere Variante des Gens DEC2, das nicht nur den Schlaf, sondern auch das Immunsystem reguliert.
Das zweite Kurzschlaf-Gen hat Fu in einer weiteren Familie entdeckt. Diese Variante des ADRB1-Gens reguliert neben der Schlafdauer auch die Stressverarbeitung.
Nicht jeder ist ein Kurzschläfer
Schlaf ist wichtig fürs Gedächtnis. Am Tag Erlebtes und Gelerntes wird sortiert und das Wichtige abgespeichert. Paradoxerweise sind die Kurzschläfer dabei offensichtlich im Vorteil. Ihr Gehirn scheint im Schlaf effizienter zu arbeiten.
Grundsätzlich sind unser Schlaf und unser Schlafbedürfnis aber mit unterschiedlichsten Prozessen verbunden. Kriegen wir nicht ausreichend Schlaf, sind wir unkonzentrierter, dünnhäutiger, werden eher krank, sind schneller gestresst und hungriger. Schlafforscher sagen salopp: Schlafmangel macht dumm, krank und dick.
Es lohnt sich daher nicht, sich zum Kurzschläfer zu machen, wenn man es nicht ist. Die Durchschnittsschläferin braucht 7 bis 8,5 Stunden Schlaf.
Bei echten Kurzschläfern läuft der Erholungsprozess schneller ab. Denn sie schlafen anders. Sie haben mehr Tiefschlaf und wechseln nicht so oft vom Tief- in den leichteren REM-Traumschlaf.
Doppelt im Vorteil
Kurzschläfer sind also im Grunde genommen schnellere und effizientere Schläfer. Aber auch im Wachzustand sind sie besser drauf. Das hat Schlafforscherin Ying-Hui Fu beobachtet.
Kurzschläfer seien optimistischer, energetischer und bessere Multitasker. Sie hätten eine höhere Schmerzgrenze und kennen keinen Jetlag – und das während bis zu 1'500 zusätzlichen Stunden Wachheit pro Jahr.
Für jeden Durchschnittschläfer ein echter Grund, neidisch zu werden. Darum zum Schluss ein kleiner Trost: Es gibt auch geniale Langschläfer, die 10 und mehr Stunden Schlaf brauchen. Darunter etwa ein gewisser Albert Einstein.