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Keinen Schnauf beim Sport – wie viel Ihre Eltern dafürkönnen
Aus Ratgeber vom 03.08.2023. Bild: Keystone / Laurent Gillieron
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Sportliche Gene Schnell ausser Atem: Nur eine Sache der genetischen Veranlagung?

Können wir unseren Genen die Schuld dafür geben, wenn wir es im Verein oder im Wettkampf nicht weit bringen?

Kennen Sie diesen ungerechten Moment: Sie joggen mit jemanden, der quasi nie Sport treibt, und trotzdem können Sie kaum Schritt halten? Da liegt der Gedanke nahe: «Daran sind bestimmt meine schlechten Gene schuld. Danke Mama und Papa!» Doch wie viel können Eltern wirklich dafür, dass ihre Nachkommen keine sportlichen Spitzenleistungen erbringen?

Klar ist, dass dies einerseits durch die vererbte genetische Grundlage und andererseits durch Umwelteinflüsse wie das familiäre Umfeld bestimmt wird. Fachleute sprechen von Natur versus Umwelt (zu Englisch «nature and nurture»). Doch zu welchem Verhältnis? «Es gibt Leute, die müssen Hanteln nur anschauen, und schon wachsen deren Muskeln. Und andere trainieren und trainieren und legen doch nicht zu», sagt Christoph Handschin, Zellbiologe und Professor am Biozentrum der Universität Basel. «Eine Komponente davon sind unsere Gene, klar, doch wir wissen bis heute nicht, wie gross dieser Anteil ist.» In Studien wird der Anteil der Genetik oft auf einen Wert um die 50 Prozent geschätzt.

Kein einzelnes Gen führt zum Sieg

Zwar konnten Forschende über 150 Gene identifizieren, die unter anderem mit Ausdauerkapazität, Muskelkraft, Stoffwechsel oder Verletzungsanfälligkeit in Verbindung stehen. Aber: «Die Annahme, dass es ‹das› Sportler-Gen oder ‹die› Champion-Genvariante gibt, ist falsch und irreführend», so Handschin, der mit Kollegen kürzlich einen Review zu dieser Thematik veröffentlicht hat. Nur in Ausnahmefällen hängt der sportliche Erfolg von einzelnen Genen ab. «Meistens tragen viele Gene einzeln wenig zur Leistung bei, aber in ihrer Summe sind sie ausschlagend.»

Diese beiden Sportler-Gene sind am besten untersucht

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Bislang gelten insbesondere zwei gut untersuchte Gene als wegweisend für den Leistungssport. Und zwar jene, die das Angiotensin-konvertierende Enzym (ACE) und das Alpha-Actinin 3 (ACTN3) steuern.

Das ACE-Gen enthält den Bauplan für das AC-Enzym, das bei der Regulation des Blutdrucks eine wichtige Rolle spielt. Von diesem Gen konnten zwei Varianten identifiziert werden. Eine Variante, die laut Studien zu einer besseren Kraftleistung und einem schnelleren Muskelaufbau führt. Und eine zweite, die oft im Erbgut von Langstreckenläufern gefunden wurde und mit Ausdauer in Verbindung gebracht wird.

Von dem ACTN3-Gen, welches den Einbau eines Proteins in den Muskeln steuert, wurden ebenfalls zwei Varianten bestimmt. Meschen mit der sogenannten R-Variante können ein bestimmtes Protein herstellen, welches für schnelle, energische Muskelkontraktionen wichtig ist. Entsprechend wurde diese R-Variante vor allem bei Sprintern oder Gewichtheberinnen gefunden.

Menschen mit der X-Variante können hingegen dieses Protein nicht produzieren und verfügen über mehr Muskeln, die nur langsam kontrahieren können. In Studien wurde diese Variante insbesondere bei Ausdauersportlern und -sportlerinnen gefunden. Zellbiologe Christoph Handschin sagt dazu: «Die Verteilung ist aber nicht absolut. Es gibt auch Ausdauerläufer und -läuferinnen, die über die Sprintvariante verfügen und trotzdem sehr gute Ausdauerleistungen erbringen.»

Der Haken dabei: In einer Studie wird eine Genkombination gefunden, in einer nächsten Untersuchung wiederum eine ganz andere Variante, die anscheinend zu Bestleistungen führt. «Die Datenlage ist schwach», resümiert der Zellbiologe. Zudem bleibe ungeklärt, warum überhaupt verschiedene Genvarianten zu unterschiedlichen Ausprägungen von Leistungskraft oder Ausdauer führen.

Auch das «Auf-die-Zähne-beissen-Gen» wurde nicht gefunden. Es ist zwar offensichtlich, dass unsere Psyche im Sport ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Etwa mentale Stärke, Motivation, Durchhaltevermögen oder das Ertragen von Schmerzen können über Sieg oder Niederlage entscheiden. Aber dieser Zusammenhang von Genetik und Sportpsychologie ist kaum erforscht.

Sportliche Veranlagung testen

Trotz dünner Datenlage werben private Anbieter mit Gentests, um herauszufinden, in welcher Sportart man am ehesten erfolgreich sein könnte. Handschin sieht solche Analysen kritisch: «Wenn ich genetisch zwar eher für Kraftsport prädestiniert bin, aber nicht gerne ins Gym gehe, macht mich diese Auswertung nicht sportlicher.» Denn die Forschung zeigt: Wer keine Freude am Sport hat, hört damit wieder auf. «Für meine Gesundheit ist es viel nachhaltiger, auf die Sportart zu setzen, die ich gerne betreibe.»

Was Sport im ganz Kleinen bewirkt – Epigenetik

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Nicht nur Gene beeinflussen unsere sportliche Leistung, es passiert auch in umgekehrter Richtung: Sport beeinflusst unsere Gene. Wenn wir regelmässig in die Pedale treten, Volleyball spielen oder Längen schwimmen, kommt es zu chemischen und molekularen Veränderungen in unseren Zellen. Das beeinflusst, welche Gene abgelesen werden. Fachleute sprechen dabei von Epigenetik.

Studien deuten darauf hin, dass sportliche Betätigung epigenetische Veränderungen der Muskulatur hervorrufen. Das zeigt auch diese dänische Untersuchung: Das Erbgut in den Muskelzellen der Probanden, die ihr Leben lang Sport trieben, unterschied sich an über 700 Stellen von dem der weniger sportlichen.

Davon profitiert auch die Gesundheit: Diese epigenetischen Veränderungen durch Training kann das Risiko für Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.

Ein weiterer Effekt beim Sport, der auf zelluläre und epigenetische Mechanismen zurückzuführen ist, ist das sogenannte «Muscle Memory». Dabei ist gemeint, dass Muskeln sich an frühere Leistungen erinnern können. Das kommt Wiedereinsteigern zugute. Nach einer Pause können sie rasch wieder zur Höchstform auflaufen.

Dass die Gene eine faule Ausrede sind, um den Sport bleibenzulassen, zeigen auch Zwillingsstudien wie jene aus dem letzten Jahr. Dabei wurden Zwillinge untersucht, die trotz ähnlichem Erbgut und Umfeld dann im Erwachsenenalter unterschiedlich oft Sport trieben. Jener Zwilling, der sich mehr bewegte, wurde dadurch deutlich leistungsfähiger. Daraus zieht Handschin: «Mit seinem Verhalten kann man viel für seine Gesundheit bewirken und seine ‹schlechteren› Sportler-Gene wettmachen.»

Radio SRF 1, Ratgeber, 03.08.2023, 11:08 Uhr

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