Etwas Blut, Spucke oder Sperma vom Tatort kann viel über ein Verbrechen aussagen. Auch welche Augenfarbe die Täterin oder der Täter wahrscheinlich hat. Die Wissenschaft jagt dem Phantombild hinterher, in der Hoffnung, anhand von Genmaterial, das Äussere von gesuchten Verbrecherinnen und Verbrechern zu bestimmen.
Unerreicht: das Phantombild
«Das genetische Phantombild ist noch nicht spruchreif, aber wir haben mehr Details, die man zum Bild hinzufügen kann», sagt Cordula Haas. Sie ist Forschungsleiterin für Forensische Genetik am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich.
Im Vergleich zu bisherigen Gen-Analysen ist die DNA-Phänotypisierung viel aufwändiger: «Allein auf 41 Marker schauen wir für die Augen-, Haar- und Hautfarbe», sagt Haas. Molekularbiologinnen wie sie untersuchen im Labor über 300 Marker und damit hunderte Stellen im Erbgut, die etwas über das Äussere aussagen.
Phänotypisierung ist aufwändig
Das braucht Geduld. Die Fachleute lösen die DNA aus der Spur, lesen den genetischen Code ab und suchen die Stellen für äusserlich sichtbare Merkmale. Zuletzt durchlaufen die Daten ein statistisches Modell, das auf Tausenden untersuchten Proben basiert. So berechnet das Team Vorhersagen für Augen-, Haar- und Hautfarbe, Alter und Herkunft der Probe – was der Polizei in den Ermittlungen helfen soll.
Daran stören sich Kritikerinnen und Kritiker, weil nur Wahrscheinlichkeiten berechnet und keine Aussagen gemacht werden können. Sie warnen vor überhöhten Erwartungen. Molekularbiologin Haas hält dem entgegen, dass die Ergebnisse verlässliche Werte aufwiesen. Wie das Resultat zu interpretieren sei, diskutieren die Spezialisten im Labor gemeinsam. Vergleichen kann man die Methode mit einer Zeugenaussage, die nicht subjektiv ist, sondern wissenschaftlich abgesichert.
Altern macht der Methode Mühe
Die Komplexität des Körpers bringt die Methode aber auch an ihre Grenzen. Bei braunhaarigen Erwachsenen, die als Kind blond waren, zeigt die Analyse hohe Werte für helle Haare an. «Wir kennen die Gene noch nicht, die ausmachen, dass man die Haarfarbe wechselt», sagt Haas. Auch graue Haare kann die Methode nicht detektieren.
Und weil Menschen unterschiedlich altern, lässt sich auch das Alter schwer bestimmen. Die Forschenden lesen das biologische Alter ab. Im Ergebnis können die Resultate einige Jahre abweichen, gerade bei über 60-Jährigen. Denn wie junggeblieben man ist, beeinflussen nicht nur die Gene, sondern der Lebensstil.
Ein Tool für wenige Fälle
Für die DNA-Phänotypisierung werden die Maschinen an der Rechtsmedizin selten zum Einsatz kommen. Die Staatsanwaltschaft Zürich geht davon aus, dass wohl nur bei einer Handvoll unaufgeklärten Verbrechen, die Ermittlung wieder aufgenommen werden wird. Unter anderem den «Fall Emmen» könnte die Luzerner Polizei öffnen, um den Täter aufzuspüren.
Die Methode wird erstmal nur ein weiteres Tool von Ermittelnden sein, wichtiger bleibt die klassische Gen-Analyse. «Den Beweis, dass eine Spur mit einer Person zusammenpasst, wird man weiterhin mit DNA-Profilen machen», sagt Molekularbiologin Cordula Haas: «Dafür braucht man heute nur noch 25 bis 50 Zellen und es ist eindeutig zuzuordnen.» Denn jede und jeder hat einen anderen genetischen Bauplan und damit ein einzigartiges Profil.