Die Zahlen steigen. Immer mehr und immer jüngere Menschen outen sich als trans. Sie sagen: Das Geschlecht, das mir bei der Geburt zugewiesen wurde, ist nicht meins.
Bei etwa einem Prozent der Menschen passen Geschlechtsidentität und das sichtbare körperliche Geschlecht nicht oder nicht komplett zusammen. Zum Beispiel bei James Ackermann (24). Er sagt von sich: «Ich bin plusminus Mann». Oder Lou (28). Lou ist non-binär: «Ich sehe mich ganz ausserhalb der Kategorien Mann und Frau. Ich bin einfach Mensch.»
Junge trans Menschen gehen individuelle Wege
Lou und James gehören zu einer jungen Generation von trans Menschen, die auf dem Weg zu ihrer Geschlechtsidentität individuelle Etappen wählen.
Viele, aber nicht alle trans Menschen wünschen geschlechtsangleichende Operationen oder Hormonbehandlungen. Jene, die eine medizinische Angleichung wünschen, widersetzen sich heute oft der klassischen Abfolge: soziale Transition, Hormonbehandlung, Operationen.
Wir sind keine Zootiere
James und Lou wollen nicht über ihren Körper sprechen. Es gehe niemanden etwas an, ob und welche Veränderungen sie vorgenommen hätten.
Sie würden häufig auf ihren Körper reduziert, sagt Lou: «Man wird exotisiert und als Mensch nicht mehr wahrgenommen.» James stört sich sehr daran, dass trans Menschen oft wie «Zootierli» vorgeführt würden.
Das Denken in der Medizin ändert sich
Trans Menschen haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie ihre Transition verlaufen soll. Eine Person möchte vielleicht eine Operation wie beispielsweise eine Brustentfernung, aber keine Hormon-Behandlung. Eine andere möchte einen Brustaufbau und gleichzeitig den Penis behalten.
Kein Zwang zur kompletten Anpassung
Es habe sich viel getan in der Medizin, sagt David Garcia Nuñez, Leiter des Schwerpunkts für Geschlechtervarianz am Unispital Basel. Als er 2008 seine Stelle in Basel angetreten habe, hätten die Chirurgen noch gesagt: «Wir kreieren keine Monster». Sie meinten damit Körper, die nicht eindeutig weiblich oder männlich sind.
Er sei auch Zeuge von Druckversuchen geworden: «Früher hiess es: wennschon, dennschon. Man verlangte von trans Menschen die komplette Anpassung an ein bestimmtes Geschlecht.»
Lou und James kennen solche Zwänge nicht mehr. Aber die vorgeschriebene psychiatrische Begutachtung vor einer Angleichung empfinden sie als Zumutung.
Eine stille Revolution
In der Praxis habe das medizinische Personal unterdessen gelernt, über die beiden grossen Geschlechterkategorien hinauszudenken. Es sei nicht mehr das Ziel, Transmenschen von einer Schublade in die andere zu operieren: «Es ist eine stille Revolution im Gang». Das gilt zumindest für fortschrittliche Kliniken.