Die Bilder kennt man: riesige Ansammlungen von Plastik, die sich auf den Weltmeeren gebildet haben. Über sie weiss man ziemlich viel. Wie stark der Plastikmüll aber von der Oberfläche in tiefere Wasserschichten vorgedrungen ist, ist viel weniger erforscht.
Das Hauptproblem dabei ist die Grösse: «Gerade in Gegenden, wo das Wasser mehrere Kilometer tief ist, ist der Lebensraum nicht befriedigend zu beproben. Das ist ein riesiges Wasservolumen, das sich über mehrere Kilometer erstreckt», sagt Lars Gutow vom deutschen Alfred Wegener-Institut.
Überall Mikroplastik in der Tiefsee
Rund 120 Kilometer südlich von San Francisco existiert in den Tiefen des Pazifiks eine fremde Welt. Seltsame Wesen bevölkern einen Unterwasser-Canyon so tief wie der Grand Canyon: Quallen rot wie Blut, Tiefseefische mit scharfem Gebiss, leuchtende Oktopusse.
In diese Tiefen schickten Forscher vom kalifornischen Monterey-Bay-Aquarium einen Tauchroboter, der immer wieder anhielt und Wasserproben nahm.
Der Roboter fand Ernüchterndes: Überall gab es Mikroplastik. Vor allem aber in einer Tiefe zwischen 200 und 600 Meter. Zwar seien die Konzentrationen noch nicht so hoch, dass man die Hand vor lauter Plastik nicht mehr vor Augen sieht, sagt Lars Gutow.
Aber die Menge an Mikroplastik wird in Zukunft zunehmen: «Mikroplastik ist das Produkt des Zerfalls grösserer Plastikobjekte. Und wir haben geschätzte 150 Millionen Tonnen an Plastikmüll in den Ozeanen, die über die kommenden Jahrhunderte zerfallen werden und immer mehr Mikroplastik ausbilden», so Gutow.
Dazu kommt: in der Zone mit dem meisten Mikroplastik leben auch besonders viele Lebewesen. Und wie viele Meerestiere ernähren sich diese, in dem sie kleine Organismen oder Partikel aus dem Wasser filtern. Das Problem: Diese Organismen sind ähnlich gross wie typische Plastikteilchen.
Schadstoffe an der Basis der Nahrungskette
Die Forscher in der Monterey Bay haben darum auch bei zwei Arten im Gedärm nach Mikroplastik Ausschau gehalten. Und sie wurden fündig: sowohl beim pelagischen Furchenkrebs als auch bei einem Vertreter der Manteltiere, kleine gelatinöse Wesen, die durchs Wasser treiben.
Beide Arten werden von vielen anderen Meerestiere gefressen – sie sind damit so etwas wie Einfallstore für den Mikroplastik in die marine Nahrungskette.
«Wenn solche Schadstoffe unten an der Basis der Nahrungskette in das System hineingeraten, dann ist es klar, dass auch sehr viele Organismen betroffen sind», erklärt Lars Gutow.
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Diese neuesten Untersuchungen bestätigen die bisherigen ernüchternden Trends: Kunststoffe scheinen in die hintersten Winkel der Erde vorzudringen – im Wasser, auf dem Land und sogar in die Luft.
Weniger Plastik produzieren
Wie schädlich Mikroplastik für Organismen ist, die ihn fressen, sei in vielen Fällen ungeklärt, sagt Lars Gutow. Aber seine schiere Menge gebiete, dass das Vorsorgeprinzip angewendet werde.
Das heisst: viel weniger Plastik produzieren als heute – und nichts davon in die Umwelt gelangen lassen. Noch sind wir davon weit entfernt.