31 Tage lang weder Fleischspiess, Fischfilet noch Fruchtjoghurt – stattdessen eine Zeit lang vegan leben. Das ist die Idee des «Veganuary», für den weltweit hunderttausende Menschen im Januar auf pflanzenbasierte Kost umstellen. Was einem das bringt? Fünf Antworten aus der Wissenschaft.
Verzicht kann Heisshunger wecken – vorübergehend
Nach dem Verzicht kommt das Verlangen. Folgt auf die Diät umso mehr Hunger auf Fleisch und Milchprodukte? «Das kann es geben», sagt die ernährungspsychologische Beraterin Silvia Schmidt.
So funktioniere leider das Gehirn: Verbotenes sei besonders interessant. Schwierig werde es da, wo die Challenge zum Müssen werde. Wenn man keine Freude am Ersatzprodukt hat, sondern sich zwingen muss, auf bestimmte Lebensmittel zu verzichten: «Dann kann es nachher überschwappen ins Umgekehrte. Aber auch das pendelt sich nach ein paar Tagen wieder ein», beruhigt Schmidt.
Wer sich dafür interessiert, hat eher Erfolg
Nicht für alle ist es realistisch, für einen Monat alte Gewohnheiten durch neue zu ersetzen. Zumindest Interesse an Veränderung braucht es für den Erfolg – denn: «Eine Ernährungsumstellung ändert ja auch den Lebensstil», meint Psychologin Schmidt. «Wenn man sich im Körper nicht wohlfühlt und das Gefühl hat, eine angepasste Ernährung würde einem helfen, dann ist eine Umstellung möglich.»
Ähnlich sieht das Christine Schäfer, Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut: «Ich kann mir vorstellen, dass vor allem Menschen beim ‹Veganuary› mitmachen, die sich ohnehin mit ihren Essgewohnheiten auseinandersetzen», vermutet Schäfer, «der Typ Vegetarier oder Flexitarierin.»
In 31 Tagen lernt man seinen Geschmack kennen
Die Dauer der Monats-Challenge kann die Ernährungsumstellung erleichtern. Einfach mal vier Wochen versuchen, das findet Schäfer interessant: «Weil man dann eine klare Ziellinie vor Augen hat und nicht überwältigt ist von so viel Verzicht.»
Es muss einem selbst gut gehen bei dem, was man zu sich nimmt.
Gleichzeitig hilft die längere Zeitdauer, sich selbst besser kennenzulernen: «Man merkt dann, was man auch in einem Tief gerne isst, in verschiedenen Stimmungslagen», sagt Ernährungsexpertin Schmidt. «So kann man jeden Aspekt im Leben ein bisschen ausprobieren.»
Die beste Motivation ist, wenn es schmeckt
Psychologin Schmidt erzählt von Fällen aus ihrer Praxis, wo der Gedanke an die Umwelt so gross geworden sei, dass Patientinnen und Patienten intensiv aufs Essen geschaut, dabei aber eigene Bedürfnisse zurückgesteckt hätten. «Das ist dann etwas gefährlich, wenn man es unbedingt richtig machen will und sich selbst dabei vergisst.»
Am meisten motiviert also der Appetit: «Es muss einem selbst gut gehen bei dem, was man zu sich nimmt.»
Der «Veganuary» trifft einen Nerv
Kann die Januars-Challenge also die Gewohnheit ändern oder ist der «Veganuary» einfach gutes Marketing? «Ursprünglich ging es beim ‹Veganuary› um ein Umdenken, die Anpassung der Gewohnheiten», meint Trendforscherin Christine Schäfer vom Gottlieb Duttweiler Institut. «Aber natürlich haben Unternehmen auch die Marketingpower hinter dem Begriff entdeckt. Es hat sicher beides.»
Dem Trend folgend setzen Restaurants und Supermärkte vermehrt auf ein veganes Sortiment. Auch die Zahl der Vegetarierinnen und Veganer nehme zu. Vegan leben laut Umfragen des Interessenverbands «Swissveg» rund 42'000 Menschen in der Schweiz, fast zehnmal so viele ernähren sich vegetarisch.