LEDs statt Sonnenlicht, Pflanzensubstrat statt gepflügter Äcker und ein Bewässerungssystem, das Regenfälle simuliert. Von idyllischer Bauernromantik ist im Basler Wolf Areal nicht viel zu sehen.
Hier befindet sich die Anlage des Startups «Growcer». Hinter dem Projekt steht eine Vision: eine vollautomatisierte Vertical Farm, die ressourcenschonend und nachhaltig Lebensmittel produziert.
Von Klimawandel bis hin zur Wasserknappheit, im Vertical Farming lägen die Lösungen für diese Probleme, glaubt der Jungunternehmer Marcel Florian. Er hat das Projekt initiiert.
Die Anlage produziert bereits Schnittsalat und Kräuter für den grössten Schweizer Detailhändler. Dennoch handelt es sich noch immer um eine Art Testlabor, in welchem die Kreisläufe laufend angepasst und optimiert werden.
Inspiriert von der Logistik
Zu Beginn wurden die Setzlinge noch von Hand in die vertikalen Türme gepflanzt. Dort wurden sie mit LED-Licht besonnt und durch ein spezielles Pumpsystem bewässert. Das abfliessende Wasser wurde rezykliert und so der Verbrauch um bis zu 90 Prozent reduziert.
Um die immensen Kosten der Anlage zu reduzieren, suchte Marcel Florian ein standardisiertes und vollständig automatisiertes Verfahren. Inspiration dazu fand er beim Besuch in einem Logistikzentrum. Die Lösung heisst Autostore.
Licht, Regen, Nacht: alles automatisch
Bei diesem System werden genormte Kisten übereinandergestapelt. Ein Roboter, fährt über diesen Stapel und pflanzt die Salate und Kräuter in die Kisten. Analog zum Logistikzentrum kann der Roboter die Kisten in ihrer Anordnung systematisch bewegen und verschieben.
Nach 16 Stunden im LED-beleuchteten Tagesbereich transportiert er sie zur Bewässerung und von da in den Nachtbereich. Dort ist es die nächsten acht Stunden dunkel. Danach geht’s wieder zurück. Das neue System ist genauso effizient, nur deutlich günstiger in der Bewirtschaftung.
Als nächstes Projekt will sich der Jungunternehmer der Energieversorgung annehmen. Auch hier gibt es noch Verbesserungspotenzial: «Wir sehen die Möglichkeit mit Sonnenlicht zu arbeiten, das wir von oben über Kollektoren in die Anlage einbringen und effizient in der Farm verteilen», erklärt Marcel Florian.
Wie nachhaltig ist das Projekt?
Immense Platz- und Wasserersparnisse, «grüne» Energieversorgung und trotzdem gilt die Anlage noch nicht als nachhaltig. Denn: Auch Nährstoffe müssten dafür recycelt werden, sagt Ranka Junge.
Junge ist Leiterin des «Zentrum Ecological Engineering» der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft. Bereits seit 30 Jahren forscht sie in diesem Bereich. «Nährstoffe sollen aus nachhaltigen Quellen bezogen werden. Idealerweise untersucht man, welche Abfallströme in einer Stadt verwertbar sind für die Produktion der Pflanzen», erklärt die Biologin.
Für sie ist klar: Sinnvoll ist Vertical Farming nur, wenn es komplett nachhaltig betrieben wird. Dafür müsste sich das Start-Up beispielsweise stärker in die ökologischen Kreisläufe der Stadt integrieren.
Potential für wasserarme Gebiete
Dennoch steckt in der Basler Vertical Farm grosses Potential. Was hier optimiert, erforscht und ausgetüftelt wird, kann in wasserarmen Gebieten, Flüchtlingslagern und Krisengebieten von grossem Nutzen sein. Mit einer günstigen, automatisierten und nachhaltigen Anlage lassen sich an solchen Orten schnell und ohne grossen Ressourcenverbrauch frische Lebensmittel produzieren.
Vorerst kommen die Salate aus der Industriehalle jedoch nur in Basel in die Regale. Der Rest des Schweizer Angebots wächst grösstenteils noch konventionell auf dem Feld, wo die Sonne scheint und der Regen fällt.