Eine Schlagzeile nach der anderen hat in diesem Sommer für Aufregung gesorgt. Es war aussergewöhnlich heiss und trocken. Müssen wir Angst um unser Wasser haben? Sind unsere Wasserreserven gut aufgestellt für die Zukunft? Denn selbst im Wasserschloss Schweiz musste mancherorts Wasser gespart werden. «Es ist eine neue Realität, auf die wir uns einstellen müssen», sagt Rolf Weingartner, emeritierter Professor für Hydrologie. «Solch eine Situation wie in diesem Jahr wird immer häufiger vorkommen, das heisst, wir müssen uns darauf vorbereiten.»
Die Toilette ist Wasserverbraucher Nr.1
In Mendrisio im Kanton Tessin war es so trocken, dass sogar zum Wassersparen aufgerufen wurde. Deshalb war die Frage dringend: Wo können wir einfach und effektiv im Alltag weniger Wasser verschwenden? Im Durchschnitt nutzen Schweizer und Schweizerinnen 142 Liter Trinkwasser pro Tag. Dabei gehen rund Zweidrittel des Wassers im Bad den Abfluss runter.
Die Toilette macht mit 41 Liter den grössten Anteil aus. Hier gäbe es Potential, in Trockenphasen sich an die Sparspülung des WCs zu gewöhnen. Ein hygienischer Spülvorgang wäre auch mit deutlich weniger Wasser möglich. Der Verbrauch könnte damit stark reduziert werden. Klar: Kürzer duschen und beim Zähneputzen das Wasser nicht laufen lassen sind weitere logische Massnahmen.
Wasser-Prognose: Nur lokale Knappheit
Wassersparen war diesen Sommer in aller Munde, doch ist es in Zukunft wirklich notwendig? «Alle Modelle zeigen, dass wir auch in Zukunft genügend Wasser in der Schweiz haben werden», entschärft Weingartner. «Die Wassermenge übers Jahr gemessen wird sich nicht stark verändern.» Trinkwasser müssen wir also nicht sparen, aber es in einem vernünftigen Mass gebrauchen. Es kann aber lokal durchaus bei Hitzewellen zu Knappheit kommen, wie der Fall Mendrisio zeigt. «Wichtig für die Zukunft ist ein neues Wassermanagement für die gesamte Schweiz, das alle Bereiche der Wassernutzung umfasst», sagt Weingartner.
Die Grundwasserspeicher sind im Allgemeinen gut gefüllt. Weitere natürliche Wasserspeicher sind Seen, Flüsse und Böden. Und auch die sind bis anhin relativ stabil. Bisher konnten sie durch Regen und Schnee immer wieder gefüllt werden.
Stauseen: Hoffnungsträger als künstlicher Wasserspeicher
Natürliche Wasserspeicher sind auch Gletscher und Schneedecken. Nur: die Gletscher verschwinden mehr und mehr und es fällt weniger Schnee im Winter. Wenn dazu noch eine lange Trockenperiode im Sommer kommt, so wie in diesem Jahr, haben wir mancherorts ein echtes Problem. In Zukunft könnte deswegen mehr Wasser künstlich gespeichert werden, zum Beispiel in Stauseen. Dadurch werden diese nicht einzig für Wasserkraft genutzt, sondern bei Trockenheit kann ihr Wasser im Tal der Landwirtschaft und als Trinkwasser dienen.
Rolf Weingartners Prognose lautet: «Die Schweiz wird nicht zur Wasserruine.» Es werde aber deutlichere Unterschiede zwischen Winter und Sommer geben. «Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, braucht es ein besseres Wassermanagement», so der Hydrologe. Künstliche Wasserspeicher könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. Trotz Klimaänderung seien wir gut aufgestellt. «Wir haben nur ein Problem, wenn wir nichts tun.»