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Fleissige Nagetiere Biber statt Bagger: Wenn sie bauen, steigt die Artenvielfalt

Biber fällen Bäume und stauen Bäche. Und schaffen damit mehr Artenvielfalt im Gewässer. Das Ausmass dieser Zunahme ist noch viel grösser als bisher angenommen. Das zeigt eine aktuelle Studie aus der Schweiz, die der Bund in Auftrag gegeben hatte.

Gestaute Bäche und gefällte Bäume. Biber sorgen immer wieder für Ärger. Dabei schaffen sie vor allem auch eins: ökologisch wertvolle Gewässer. Ein Schweizer Forschungsteam ging im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt Bafu der Frage nach, wie gross dieser ökologische Nutzen ist. Jetzt liegt das Resultat der Studie auf dem Tisch. Die Zunahme der Artenvielfalt, aber auch der Biomasse – also der Anzahl Individuen pro Art, ist noch viel grösser als erwartet.  

Bis zu 6-mal grössere Artenvielfalt in Biberrevieren 

Libellen, Amphibien, Wasserinsekten, Fische, Wasserpflanzen – die Forschenden untersuchten 16 Biberreviere mit Staudamm und verglichen die kartierten Arten im Biberrevier mit einer Vergleichsstrecke im gleichen Gewässer, aber ohne Bibereinfluss.

Warum der Biber staut

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Rund 5000 Biber leben aktuell in der Schweiz und breiten sich weiter aus im Mittelland. In den vergangenen Jahren sind die Biber von den Flüssen und Seen her in immer kleinere Bäche vorgedrungen. Und dort müssen sie dann stauen. Denn Biber brauchen mindestens einen halben Meter Wassertiefe, damit der Eingang in die Wohnhöhle unter Wasser liegt. So schützen Biber ihren Bau. Das gestaute Wasser dient auch als Transportweg und bietet den Tieren Sichtschutz.  

Dass die Artenvielfalt zunehmen würde, war zu erwarten gewesen. Diverse internationale Studien belegen den Zusammenhang. Überraschend ist das Ausmass der Zunahme. «Dass wir selbst in intensivem Landwirtschaftsgebiet, in gestauten künstlichen Kanälen doppelt so viele Arten und Individuen finden würden, als in der Kontrollstrecke, hätte ich nicht erwartet. Das ist ein sehr schönes Resultat.», kommentiert Christof Angst, der die noch nicht veröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt koordiniert hat.

Über alle untersuchten Reviere mit Damm nahm die Artenvielfalt durchschnittlich um den Faktor drei zu, die Anzahl Individuen der einzelnen Arten um den Faktor zwölf.  

Der Biber als Ökosystem-Dienstleister 

Und was ist der Nutzen? Durch die vielen Nischen, die Biber schaffen, das Totholz und das stehende Wasser schaffen Biber naturnahe Gewässer. Das ist, was auch das Schweizer Gewässerschutzgesetz fordert: die Revitalisierung von Flüssen und Bächen.

Der Biber macht genau das, was der Bund anstrebt.
Autor: Christof Angst

Die Studie zeige, dass es sinnvoll wäre, zu diesem Zweck auch den Biber einzuspannen, argumentiert Christof Angst: «Der Biber macht genau das, was der Bund anstrebt. Er schafft dynamische, funktionale Ökosysteme, die auch längerfristig stabil sind gegen äussere Einflüsse wie den Klimawandel, Wassermangel und hohe Temperaturen. Der Biber leistet gratis einen grossen Beitrag.»  

Waldreservate zur Förderung der Biodiversität 

Noch wird die Schaffenskraft der Biber im dicht genutzten Mittelland kaum genutzt. Es fehlt dafür vielerorts der Platz und Instrumente, um betroffene Landbesitzer angemessen zu entschädigen. Stauen Biber hingegen im Wald einen Bach, steht den Kantonen Geld aus dem nationalen Finanzausgleich zur Verfügung. Sie können damit betroffene Waldbesitzer umfassend entschädigen und ein geschütztes Waldreservat schaffen. Im offenen Land fehlen entsprechende Instrumente.  

Weiterführende Links

Ein Beispiel für ein Waldreservat liegt im zürcherischen Marthalen, wo eine Biberfamilie mit einem gestauten Bach eine vier Hektar grosse Fläche unter Wasser gesetzt hat. In diesem Waldreservat hat die Artenvielfalt gemäss der aktuellen Studie um den Faktor sechs zugenommen, die Biomasse um den eindrücklichen Faktor 36.  

DOK, 23.11.2023, 20:05 Uhr 

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