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Der Biber: Des einen Freund, des anderen Feind
Aus Rendez-vous vom 06.07.2023. Bild: Keystone/Severin Bigler
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Nutztier oder Schädling? Die Schweiz wird zum Biberparadies – das sorgt für Konflikte

Einst war der Biber bei uns ausgerottet. Nun ist er an einen Grossteil der Schweizer Gewässer zurückgekehrt. Das freut nicht alle.

Der Biber fühlt sich in der Schweiz richtig wohl. Das zeigen die neusten Zahlen des Bundesamts für Umwelt (Bafu). 400 Freiwillige haben 7000 Kilometer Gewässer nach Biberspuren abgesucht. Ein Riesenaufwand sei es gewesen, sagt Christof Angst, Leiter der nationalen Biberfachstelle. Doch nun seien die neuen Biberzahlen da: «Der Bestand hat wie schon in den letzten Jahren weiter zugenommen. Mittlerweile haben wir eine erfreuliche Zahl von knapp 5000 Tieren in der Schweiz.»

Der Biber kann Lebensräume komplett zu seinen Gunsten umgestalten.
Autor: Christof Angst Leiter der nationalen Biberfachstelle

Seit der Wiederansiedlung des Bibers in den 1950er-Jahren ist es die vierte schweizweite Erhebung. Und die zeigt: Der Biber ist heute entlang der grossen Flüsse Aare, Limmat, Reuss, Rhein, Rhone und Thur fast lückenlos verbreitet. Und von da sei er immer mehr in kleinere Gewässer vorgedrungen, so Angst: «In den neu besiedelten Revieren sind es vor allem kleine Gewässer mit ein bis drei Meter Breite.»

Karte mit Verbreitung des Bibers
Legende: Bundesamt für Umwelt (Bafu)

Und zwar auch solche, die dem Biber eigentlich gar nicht passen. Aber: Was noch kein Biberparadies sei, werde von den Nagern zum Biberparadies gemacht, erklärt Angst. «Der Biber kann Lebensräume komplett zu seinen Gunsten umgestalten. Das hat für die Natur und für uns Menschen einen grossen positiven Effekt.»

Gewinn für die Biodiversität

Von den neuen Lebensräumen, die der Biber schafft, profitieren viele Arten. Und weil ein Gewässer mit Biber natürlicher und dynamischer ist, ist es auch widerstandsfähiger gegen äussere Einflüsse wie den Klimawandel. Genau das will sich der Bund nun zunutze machen. Als erstes Land in Europa plant die Schweiz den Biber als Baumeister ein, um feuchte Wälder zu fördern.

Angst spricht von einem Paradigmenwechsel. Denn statt nur den Schaden einer Überschwemmung vor Augen zu haben, betrachte man neu auch den Nutzen. Den Biber lässt man gewähren und die betroffenen Waldbesitzer werden durch den Bund und die Kantone für das verlorene Land entschädigt.

Biber schwimmt in Fluss
Legende: Geht es nach der nationalen Biberfachstelle, soll der Biber für den Naturschutz eine wichtige Rolle spielen. Aber der pelzige Baumeister sorgt auch zunehmend für Konflikte, etwa in der Landwirtschaft. Keystone/DPA/Thomas Warnack

Keine solche Lösung gibt es für die Landwirtschaft. Gerade dort setzt der Biber aber immer häufiger Kulturen und Wiesen unter Wasser, weil er immer mehr in kleine Bäche vordringt. Diese muss er stauen, damit das Wasser für seinen Bau tief genug ist. Für die Bauern sei das ein Riesenproblem, sagt Thomas Jäggi vom Schweizerischen Bauernverband. Denn: «Wenn der Bauer die Fläche nicht mehr bewirtschaften kann, wird er quasi enteignet.»

Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem man sich eingestehen muss, dass das geschützte Tier zum Schädling geworden ist.
Autor: Thomas Jäggi Schweizerischer Bauernverband

Man müsse darum verhindern, dass Flächen überschwemmt werden. Zum Beispiel, indem der Biberdamm gesenkt oder ganz entfernt wird. In Absprache mit dem Kanton ist das möglich, wird aber nicht immer bewilligt. Ohnehin sei das aber nicht nachhaltig, sagt Jäggi. Es sei ein ständiges Auf- und Abbauen, da der Biber in der Regel zurückkomme.

Langfristig brauche es also eine andere Lösung. Entschädigungen, wie es sie für Waldbesitzer gibt und wie sie Landwirte zum Beispiel bereits für Frassschäden an ihren Kulturen erhalten, seien aber kein Thema: «Es gilt, die Fläche vor Vernässung zu schützen, bevor über Entschädigungen gesprochen werden muss.»

Der Biber scheint im Landwirtschaftsgebiet also nicht erwünscht. Jäggi findet klare Worte: «Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem man sich eingestehen muss, dass das geschützte Tier zum Schädling geworden ist.»

Dass das Konfliktpotenzial hoch ist, streitet auch Angst nicht ab: «Je mehr Biber wir haben, desto mehr Konflikte gibt es. Und damit steigt auch der Aufwand.» In welche Richtung mögliche Lösungen gehen, ist zurzeit aber noch offen.

Rendez-vous, 06.07.2023, 12:30 Uhr

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