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Inspiration Zitterrochen Forschende aus Freiburg entwickeln neue Art der Stromerzeugung

Inspiriert von Zitterrochen haben Schweizer Forschende eine Membran zur Erzeugung von Elektrizität entwickelt.

Bis zu 220 Volt produzieren Zitterrochen mit ihren sogenannten Elektrozyten unter der Haut – und können so locker mit einer Steckdose mithalten.

Ein Rochen auf dem Meeresboden.
Legende: Wenn sich die Muskelzellen von Zitterrochen entladen, liegt in ihrer unmittelbaren Umgebung kein Sandkorn mehr auf dem anderen. Die elektrisierende Wirkung nutzen sie, um ihre Beute zu betäuben und Fressfeinde zu verjagen.   Imago Images / Imagebroker

Inspiriert davon, haben Forschende des Adolphe Merkle Instituts (AMI) in Freiburg eine Membran zur Erzeugung von Elektrizität entwickelt. Ziel ist es, damit Batterien zu produzieren, die sich selbst aufladen, sie für Wasserentsalzung zu nutzen – oder in medizinischen Behandlungen wie der Dialyse einzusetzen.

So funktioniert die Technologie

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Die neue Technik nutzt die Grenzfläche eines wässrigen Zweiphasensystems, um diese Membranen zu bilden und zu stabilisieren.

Durch Kontrolle der Bedingungen, unter denen zwei nicht mischbare wässrige Lösungen mit den gegenüberliegenden Seiten dieser Membranen wechselwirken, haben die Forschenden Membranen geschaffen, die nur 35 Nanometer dick sind, aber Flächen von mehr als zehn Quadratzentimetern ohne Defekte abdecken können. 

Die künstlichen Membranen lassen bestimmte elektrisch geladene Atome (Ionen) durch, weisen andere ab. «Durch den Einbau eines natürlichen Transportpeptids können auf den beiden Seiten der Membran unterschiedliche Ladungen entstehen – die Grundlage für die Erzeugung von elektrischem Strom und ein ähnliches Prinzip wie beim Zitterrochen», erklärt AMI-Lehrstuhlinhaber für Biophysik Michael Mayer.

Die Uni Freiburg bezeichnet die neue Technik als «Durchbruch in der biomimetischen Membrantechnologie». Die Forschung hat gerade erst Fahrt aufgenommen, wie der Experte im Interview erklärt.

Vier Fragen an Forschungsleiter Michael Mayer

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Warum ein Zitterrochen als Inspirationsquelle?

Der Zitterrochen verwendet diese Proteine zu genau diesem Zweck. Am Ende stünde dann ein künstliches elektrisches Organ, das implantierbar sein soll – und dann immer Strom liefert.  

Implantierbar – in den Körper? 

Genau. Wir sind aber noch am Anfang. Was wir machen, klappt im Moment nur in einem Labor unter kontrollierten Bedingungen.

Für medizinische Anwendungen müssen wir noch sehr viele Aspekte verbessern. Zum Beispiel müssen die Systeme robuster werden, alle verwendeten Chemikalien sollten biokompatibel und sicher sein.

Das Ganze muss auch noch in eine geeignete Hülle gepackt werden und für den Körper geeignete Elektroden-Materialien müssen gefunden werden. Ausserdem müssten wir untersuchen, welche Körperflüssigkeiten, die ATP enthalten, mit dem künstlichen elektrischen Organ in Kontakt kommen können, damit wir es laden können. Wir haben also noch etwas vor ... 

Wie sieht der nächste Schritt aus?

Wir möchten Transportproteine in diese neuen Membranen einbauen. So, dass die Proteine weiterhin in der Lage sind, Ionen durch die Membran zu transportieren. Dieser letzte Schritt wird es dann hoffentlich möglich machen mittels metabolischer Energie (also mit ATP) diese Salz-gradient Batterien wieder aufzuladen oder besser, ständig geladen zu halten.

Wo wäre die Anwendung einfacher umzusetzen?  

Bei der Wasserentsalzung etwa. Wir hatten uns zwei relativ grosse Reservoire mit unterschiedlicher Salzkonzentration vorgestellt. Man könnte dann mittels einer von aussen angelegten Spannung (zum Beispiel von Solarzellen auf dem Hausdach) Ionen von einem Reservoir ins andere pumpen und zum Entladen dieser Batterie dann die Ionen zurückfliessen lassen.

Audio
Archiv: Ohne Strom keine Wissenschaft
aus Wissenschaftsmagazin vom 01.10.2022. Bild: Imago Images / Westend61
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 58 Sekunden.

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