Verbotenes Fleisch im Gepäck - Wildfleisch auf Reisen: Was steckt hinter dem Handel?
Jedes Jahr gelangen hunderte Tonnen Wildfleisch aus Ländern in West- und Zentralafrika im Gepäck von Reisenden, per Post und Luftfracht nach Europa. Was sind die Folgen für den Artenschutz? Und für die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten?
Das Problem: Sogenanntes Buschfleisch bezeichnet das Fleisch von Wildtieren wie Affen, Schlangen und Nagern. Dieses ist in einigen Ländern Afrikas eine wichtige Nahrungsquelle für die ländliche Bevölkerung und eine Delikatesse für Menschen in den Städten. Viele empfinden das Fleisch aus dem Wald als gesünder und bevorzugen den Geschmack zu jenem von Zuchttieren. Und da Essen überall auf der Welt mit der eigenen Identität verbunden ist, wird Wildtierfleisch auch exportiert: von Kinshasa und Douala nach Brüssel, Paris und Zürich. Das ist aus Gründen des Artenschutzes und der Hygiene aber verboten. Abseits des streng regulierten kommerziellen Handels darf weder Wild- noch Zuchttierfleisch in die EU und die Schweiz eingeführt werden. Geldstrafen gibt es aber nur bei der illegalen Einfuhr von Tieren, die nach dem internationalen Artenschutzübereinkommen, kurz CITES, geschützt sind.
Wildfleisch oder Bushmeat
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Das Fleisch von Wildtieren wie Affen, Stachelschweinen und Nagern wird in West- und Zentralafrika häufig «bushmeat» oder «viande de brousse» genannt.
Während wir in Europa gerne Wildfleisch aus unseren heimischen Wäldern essen, hat «Buschfleisch» aus Afrika aber meist eine negative Konnotation. Und es wird in Zusammenhang mit Infektionskrankheiten wie Ebola und mit dem Artensterben erwähnt. Dabei sind nicht alle Wildtiere, die in den Regenwäldern und Savannen des Kontinents gejagt werden, gefährdet.
Allerdings steigt mit der wachsenden Bevölkerung und der einhergehenden unkontrollierten Kommerzialisierung der Jagd der Druck auf die Biodiversität in West- und Zentralafrika.
Die Bedeutung für den Artenschutz: Bei einem laufenden Projekt in Belgien bestimmen Forschende mithilfe von DNA-Analysen die Tierarten von am Brüsseler Flughafen konfisziertem Fleisch. Von 208 Proben aus den ersten sechs Monaten des Projektes kamen 70 Prozent von Nutztieren, die restlichen 30 Prozent von Wildtieren. Davon stammten sechs Proben von geschützten Tieren. «Vielleicht zieht der internationale Handel Arten an, die einen höheren Wert haben und sie haben einen höheren Wert, weil sie gefährdet sind», sagt Veterinärmedizinerin und Epidemiologin Anne-Lise Chaber.
Wieviel wird importiert?
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Das ist sehr schwer zu sagen. Denn fast kein Land sammelt gesonderte Daten über konfisziertes Wildfleisch. Bisher hat es nur wenige Studien dazu gegeben.
Eine davon zu Brüssel, wo schätzungsweise fast vier Tonnen pro Monat illegal eingeführt werden, und zu Paris, wo es rund 23 Tonnen monatlich sind.
Eine Studie aus 2013 von der Tierschutzorganisation Tengwood extrapoliert, dass jährlich 8,6 Tonnen Wildfleisch über die Flughäfen von Zürich und Genf in die Schweiz gelangen.
«Wir brauchen nicht nur mehr Forschung, sondern auch den politischen Willen, dass etwas gemacht wird», sagt Veterinärmedizinerin und Epide-miologin Anne-Lise Chaber. Sie war an den Studien in Frankreich und Belgien beteiligt.
Gesundheitsgefahr durch Wildfleisch: Es kann eine Gesundheitsgefahr bestehen, muss aber nicht. Schlechte Hygienemassnahmen bei der Verarbeitung und lange Transportwege sind Risiken dafür. Und können zu Bakterienbefall und Nahrungsmittelvergiftungen führen. In Untersuchungen von Wildfleisch wurde auch die Präsenz von Viren wie Affenpocken und Afrikanische Schweinepest nachgewiesen. Der Grossteil des exportierten Fleisches ist aber geräuchert, was Keime meist abtötet. Wahrscheinlicher ist, dass in den Herkunftsländern Erreger beim Verarbeiten der frisch erlegten Tiere auf den Menschen übergehen.
Das kann getan werden: Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen in die Diskussion mit einbezogen werden, findet EU-Biosurveillance-Expertin Sandrella Morrison-Lanjouw. Sie befragte für eine Studie Ghanaerinnen und Ghanaer in Amsterdam zu ihrem Wildfleischkonsum. Ohne Einbezug wird von Regierungen die importierte Menge unterschätzt und das Wissen über mögliche Erreger bleibt lückenhaft.
Auch müssen die Herkunftsländer des Fleisches in puncto Artenschutz und Biosicherheit mehr unternehmen, finden Befragte, die in Frankreich und Belgien leben und in Kamerun und Kongo geboren wurden. Nur so können überhaupt nachhaltige und sichere Voraussetzungen für einen möglichen Import nach Europa geschaffen werden. Der Ablauf für die Personen der Grenzkontrolle müsse vereinfacht werden, so die Epidemiologin Chaber. Eine Lösung könnte die Selbstkontrolle sein. In Australien müssen die Reisenden noch im Flugzeug eine Karte ausfüllen. Darauf muss angekreuzt werden, ob man Fleisch dabei hat. Kreuzt man nein an und wird doch damit erwischt, muss man eine hohe Geldstrafe fürs Lügen bezahlen.
Diese Recherche wurde vom Journalismfund Europe unterstützt
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