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Vogelgrippe bei Milchkühen beunruhigt Fachwelt
Aus Rendez-vous vom 19.06.2024. Bild: AP Photo/Janie Osborne
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Vogelgrippe bei Rindern Studie zu H5N1: Milchkühe über Euter infiziert

In den USA breitet sich das Vogelgrippevirus unter Milchkühen weiter aus. Untersuchungen aus Deutschland zeigen, dass Milchkühe übers Euter angesteckt werden. Ob es später auch im Rohmilchkäse vorhanden ist, soll jetzt in der Schweiz untersucht werden.

Vogelgrippe bei Kühen hat es vorher nie gegeben. Doch in den USA sind aktuell rund 100 Kuhherden in 12 Bundesstaaten betroffen. Eigentlich sollten sich Rinder gar nicht mit H5N1 infizieren können. Denn der Krankheitserreger gehört zu den Influenza-A-Viren und befällt Kühe normalerweise nicht. Erkranken sie dennoch an einer Grippe, ist dafür dann ein Influenza-D-Virus verantwortlich.

Das aktuell grassierende Vogelgrippevirus vom Subtyp H5N1 sorgt immer wieder für Überraschungen. So wurden etwa in den USA bei Analysen von Milch aus Supermärkten häufig Bestandteile des Erregers gefunden. Eine Gefahr für den Menschen besteht durch den Konsum dieser Milch aber nicht.  Das Virus wird durch die Pasteurisierung inaktiviert und abgetötet. Anders ist es bei nicht behandelter Rohmilch, vor der in Amerika aufgrund der aktuellen Seuche derzeit gewarnt wird.

Infizierte Kühe im Labor

Wie sich neu auch Rinder mit H5N1 anstecken können, untersucht Martin Beer vom deutschen Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) mit seinem Team. Mit Schutzanzug und Respiratorhelm arbeiten die Forschenden in einem Biosicherheitsstall der Stufe 3. Dort verfolgen sie bei sechs Milchkühen wissenschaftlich den Krankheitsverlauf.

Bei den untersuchten Tieren löst H5N1  keinen grippetypischen Atemwegsinfekt aus, sondern das Virus befällt vor allem den Euter. Mit der Folge: Rohmilch kann grosse Mengen des Erregers enthalten, der sich vor allem über Melkmaschinen verbreitet.

Neue Studie zu H5N1 bei Rindern

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In Deutschland haben Forschende vom FLI den Krankheitsverlauf mit dem hoch infektiösen Virus H5N1 bei Rindern untersucht. Als erstes Zwischenergebnis konnte sich nicht nur das US-Isolat, sondern auch ein aktuelles H5N1-Virus aus einem Wildvogel aus Deutschland im Euter sehr gut vermehren. 

Nach der direkten Infektion des Euters über die Zitzen zeigten die Milchkühe in beiden Fällen eindeutige Krankheitssymptome wie starken Milchrückgang, Veränderung der Milchkonsistenz und Fieber. 

Ob H5N1 auch nach dem Prozess der Verarbeitung von Rohmilch etwa zu Käse noch infektiös ist, wird jetzt im Hochsicherheitslabor am Institut für Virologie und Immunologie (IVI) gemeinsam mit Agroscope erforscht. «Derzeit wird der sichere Transport der Milchproben von den Versuchstieren aus Deutschland in die Schweiz vorbereitet», sagt Barbara Wieland vom IVI.

Da sie nicht literweise Milch erhalten würden, könnten sie nur verschiedene Mini-Käsesorten oder kleine Joghurts herstellen. Der Konsum von Rohmilchprodukten in Europa stelle momentan kein gesundheitliches Risiko bezüglich H5N1 dar. Denn das Problem beschränke sich bisher nur auf die USA.

Stärkste Vogelgrippewelle der Geschichte

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Das seit der Epidemie im Herbst 2021 in Europa dominante, hochpathogene aviäre Influenzavirus des Subtyps H5N1 mit dem zusätzlichen Namen «Klade 2.3.4.4.b» hat nicht nur unzählige Geflügelfarmen und Seevogelkolonien heimgesucht. Sondern auch viele Säugetiere in freier Wildbahn. Darunter Delfine, Tiger, Braunbären oder Robben. Inzwischen ist das für zahlreiche Tierarten tödliche Vogelgrippevirus fast rund um den Globus aufgetreten, auch bei Raubmöwen in der Antarktis.

Dass es in den USA nun auch bei Milchkühen festgestellt wurde, löst Besorgnis aus. Denn der Befall der Nutztiere erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung  auf den Menschen. Bisher sind dort drei Fälle von infizierten Farmarbeitern bekannt, die alle mild verlaufen sind. Zur Eindämmung der Ausbreitung sind klassische Massnahmen der Tierseuchenbekämpfung wie Testung, Transportverbote und Quarantänemassnahmen notwendig.

Dennoch wappnen sich einige Länder in der EU bereits mit Humanimpfstoffen. Die EU-Kommission hat sich vor kurzem 665'000 Dosen H5N1-Vakzine der Pharmafirma Seqirus vertraglich gesichert, die auf die aktuelle Situation – ähnlich wie unsere saisonalen Grippe-Impfstoffe – angepasst werden können. Auch die Schweiz verfügt über einen laufenden Reservationsvertrag mit dieser Firma, der im Fall einer Pandemie zum Einsatz kommt. Finnland will dagegen schon jetzt Mitarbeitende und Tierärzte mit einem «Musterimpfstoff» gegen H5N1 impfen.

In den USA haben sich auf Milchkuhfarmen bislang drei Personen infiziert. Sie litten unter milden Symptomen wie Bindehautentzündungen. Denn am Auge – ähnlich wie bei Milchkühen im Euter – kommen Rezeptoren für H5N1 vor. Dagegen befällt das aktuelle Virus etwa bei Katzen verstärkt die Atemwege und auch das Gehirn.

Aufgrund der Seuche dürfen Katzen oder auch Schweine nicht mit kontaminierter Rohmilch gefüttert werden. Denn das H5N1-Virus nutze jede Chance, so Beer, sich zu verändern. Und das Risiko dafür sei besonders gross, wenn im Organismus zeitgleich auch andere Influenzaviren vorhanden seien.

Rendez-Vous, 19.6.2024, 12:30 Uhr

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