- Wegen des verlängerten Gentech-Moratoriums dürfen bis 2021 keine gentechnisch veränderten Pflanzen auf Schweizer Äckern angebaut werden.
- Weil Eingriffe mit der Gen-Schere CRISPR aber extrem präzis ausfallen, sind solche Gentech-Pflanzen von natürlichen Pflanzen kaum mehr zu unterscheiden.
- Kontrolleure, Juristinnen und Wissenschaftler stehen vor der Frage: Welche Eingriffe gelten überhaupt als Gentechnik?
Zwölf Jahre ist es inzwischen her, dass das Schweizer Stimmvolk beschlossen hat: Auf Äckern hierzulande soll es keine gentechnisch veränderten Organismen geben. Zumindest vorerst.
Damals war klar, was das hiess: Kein Bt-Mais, der dank eingeschleuster Gene ein Bakteriengift produziert, das Insekten tötet. Keine Roundup-Ready-Sojapflanzen, denen das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat nichts anhaben kann.
Gen-Schere versus Natur
Seitdem ist die Welt komplizierter geworden. Eine neue Technik hat sich etabliert. Ihr Name: CRISPR (siehe Textbox). Sie verwischt die Grenze zwischen Pflanzen aus herkömmlicher Züchtung und gentechnisch manipulierten Pflanzen. «Wenn sie beide analysieren würden, würden sie keinen Unterschied sehen», sagt Patrick Matthias, Forscher am Friedrich-Miescher-Institut in Basel.
Fast natürliche Mutationen
Der Grund: Die Eingriffe ins Genom, die Wissenschaftler mit CRISPR vornehmen können, sind viel präziser als die mit den alten Gentechnologien.
Im Prinzip könnten sie, so Matthias, auch durch natürliche Mutationen entstehen, also spontane Veränderungen im Erbgut. Und noch viel eher durch die Methoden ganz normaler, moderner Züchtung.
Warum also, fragt der Forscher, sollen Pflanzensorten, die so im Labor entstehen, unter die strengen Regeln für gentechnisch veränderte Organismen fallen?
Auch neue Gentechnik muss deklariert werden
Doch ein Eingriff ins Erbgut, in diesem Fall mit CRISPR, bleibt ein Eingriff ins Erbgut und damit streng genommen Gentechnik. Für Konsumentenschützer ist klar: Das fällt nach wie vor unter das Gentech-Moratorium, muss deklariert und gesetzlich streng reguliert werden.
Sarah Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung Konsumentenschutz, sagt: «Das A und O in dieser ganzen Entwicklung ist die Deklaration. Die Leute wollen wissen, was sie kaufen: Also ob es naturbelassen ist oder ob es eben von Menschenhand verändert wurde.»
Für Kontrolleure wird es knifflig
Bleibt die Frage: Wie soll man kontrollieren, ob eine Pflanze mithilfe von CRISPR verändert wurde, wenn eben diese Veränderung kaum oder gar nicht nachzuweisen ist?
Zu Zeiten von Bt-Mais und Roundup-Ready-Soja war das vergleichsweise einfach. Mit den neuen, viel weniger stark veränderten Pflanzen kommen auf die Kontrollinstanzen knifflige Aufgaben zu.
Gentechnikfreies Gentech?
Auch rund um die Schweiz herum ringt man mit diesem Problem. Am Europäischen Gerichtshof ist derzeit eine Klage von französischen Umweltschützern hängig: Die Richter sollen entscheiden, ob schon kleinste Veränderungen im Genom als Gentechnik gelten sollen oder nicht.
In Deutschland sprachen sich Wissenschaftler vor Kurzem dafür aus: Wenn Forscher an Pflanzen nur kleine genetische Änderungen vornehmen, solle man diese für gentechnikfrei erklären.
Klar ist: Das Gentech-Moratorium in der Schweiz wird für weitere vier Jahre gelten. Welche Organismen und Pflanzen es aber betrifft und welche nicht, weiss derzeit niemand genau.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 04.03.17, 12:40 Uhr