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Analysen aus dem All Im Asteroiden Bennu stecken Bausteine des Lebens

Neue Analysen von Asteroid Bennu zeigen: Auf seinem Ursprungskörper fanden komplexe chemische Prozesse statt. Die Ergebnisse stützen die Theorie, dass die Bausteine des Lebens aus dem Weltall stammen könnten.

Wie ist das Leben auf der Erde entstanden? Wo ist das Leben entstanden? Ist das Leben auf der Erde einzigartig? Um diese zentralen Fragen zu beantworten, schauen Wissenschafter seit Jahrzehnten weit in die Vergangenheit. In die Anfänge unseres Sonnensystems, vor 4.5 Milliarden Jahren. 

Unverfälschter Blick in die Vergangenheit 

Das ist möglich, weil es Zeitzeugen gibt, Asteroiden zum Beispiel, wie der Asteroid Bennu. Ein Überrest aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems, als sich die heutigen Planeten gerade erst formten.

Asteroiden enthalten Material, das sich über Milliarden von Jahren wenig verändert hat – und Auskunft gibt, über deren chemische Zusammensetzung.  

Asteroid Bennu

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Der Asteroid (101955) Bennu hat einen Durchmesser von rund 500 Metern und rund 70 Millionen Tonnen schwer. Er ist ein relativ kleiner Asteroid und nähert sich der Erde alle sechs Jahre auf knapp 300’000 Kilometer.  Bennu hat sich vermutlich von einem grösseren Ursprungskörper aus dem äusseren Teil des Sonnensystems gelöst. Und ist dann weiter ins Innere des Sonnensystems auf seine heutige Bahn gewandert.

Bennu fasziniert die Forschenden seit langem aufgrund seiner erdnahen Umlaufbahn und seiner kohlenstoffreichen Zusammensetzung. Schon früh vermutete man, dass Bennu Spuren von Wasser und organischen Molekülen enthält und stellte die Theorie auf, dass ähnliche Asteroiden diese Materialien auf die ursprüngliche Erde gebracht haben könnten. 

Nur: Wie kommt man an das Material von Asteroiden, die durchs All rasen? Und wie bringt man es unversehrt auf die Erde? Dieses Kunststück gelang der NASA-Raumsonde OSIRIS-REx. Zuvor hatten dies nur zwei japanische Missionen zum Asteroiden «Ryugu» geschafft. 

Die Reise von OSIRIS-REx 

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Schwarze Kapsel in Wüstenlandschaft mit Bergen im Hintergrund.
Legende: Die Rückkehrkapsel der NASA-Mission OSIRIS-REx kurz nach der Landung am 24. September 2023 in der Wüste, auf dem Test- und Übungsgelände des Verteidigungsministeriums in Utah. NASA / Keegan Barber

Die NASA-Raumsonde OSIRIS-REx (Origins Spectral Interpretation Resource Identification Security – Regolith Explorer) startet 2016 vom Weltraumbahnhof Cape Carneval. Ihr Ziel ist der Asteroid Bennu.

Zwei Jahre nach dem Start, also 2018, gelangt die Sonde in Kamerareichweite des Asteroiden.

Weitere zwei Jahre später dann erfüllt sie ihre primäre Mission: OSIRIS-REx berührt 2020 für kurze Zeit den Asteroiden und dringt circa 50 Zentimeter in den Asteroiden ein. Sie entnimmt erfolgreich Proben von dessen Oberfläche, das Material wird in einer Rückkehrkapsel aufbewahrt.

2021 tritt die Sonde die Rückreise zur Erde an. Am 23. September 2023 wird die Rückkehrkapsel – und in ihr das gesammelte Probenmaterial – in Erdnähe von OSIRIS-REx abgetrennt und abgeworfen. Geschützt in der Kapsel und von einem Hitzeschild durchdringt sie die Erdatmosphäre unbeschadet. Sie landet in der Wüste in Utah.

Die Reise der Sonde geht weiter. Nächstes Ziel von OSIRIS-REx ist der Asteroid Apophis.

Eingepackt in eine Kapsel und ein Hitzeschild landet Material von Bennu 2023 in der Wüste Utahs. Erst zum dritten Mal erreicht unversehrtes Asteroiden-Material die Erde.
121.6 Gramm – so viel wie noch nie zuvor – werden nach ihrer Ankunft an verschiedene Laboratorien der ganzen Welt aufgeteilt. Mit Hochdruck analysieren hunderte Forschende den schwarzen Staub und die Partikel von Asteroid Bennu.

Salzsolen wie auf der Erde  

Sie finden Carbonate, Sulfate, Chloride, Phosphate. Eine Vielfalt von Salzen und Mineralien, die es teilweise auch auf der Erde gibt. Bennus Ursprungskörper beherbergte offenbar Taschen mit flüssigem Wasser.

Das Wasser verdunstete, es entstanden Solen. In dieser salzigen Brühe bildeten sich die typischen Mineralien und Salze, die sich schliesslich ablagerten. Erstmals konnten die Forschenden diesen Prozess, den man von der Erde kennt, auch auf einem Asteroiden indirekt beobachten. Extraterrestrische Salzlösungen scheinen demnach auch eine entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung organischer Verbindungen zu sein. 

Ausserirdische Aminosäuren 

14 der 20 Aminosäuren, die in der Biologie der Erde vorkommen, findet man auch auf Bennu. Und noch weitere Bausteine des Lebens: Alle fünf Nukleobasen, die in unserer RNA und DNA vorkommen, gibt es auch auf dem uralten Asteroiden. Ähnliche Ergebnisse lieferte schon der Asteroid Ryugu.

Das organische Material auf Bennu ist noch viel diverser. Über 10’000 Kohlenwasserstoff Verbindungen beheimatet der schwarze Brocken. Und Aminosäuren, die es auf der Erde nur selten oder gar nicht gibt. Sie sind also nicht-irdischen Ursprungs.

Die Geschichte von Bennu 

Bennu hat sehr viel mehr Ammoniak als Ryugu. Ausserdem findet man auf ihm in grossen Mengen eine bestimmte Art von Stickstoff. Das lässt Rückschlüsse auf seine Herkunft zu. So ist sein Ursprungsköper wohl ganz aussen entstanden, in der rotierenden Scheibe aus Gas und Staub, aus der sich das Sonnensystem formte.

Was zeigen uns diese Ergebnisse? Zusammen liefern die Studien einen Teil eines Puzzles, von dem man noch gar nicht weiss, wie viele Teile es eigentlich hat. Sie geben Hinweise darauf, wo und unter welchen Umständen komplexe chemische Reaktionen stattfinden könnten.   

Die Ergebnisse stärken auch die Theorie, dass die Bausteine unseres irdischen Lebens aus dem All kommen könnten.

Wissenschaftsmagazin, 25.01.2025, 12:40 Uhr

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