Wie ist das Leben auf der Erde entstanden? Wo ist das Leben entstanden? Ist das Leben auf der Erde einzigartig? Um diese zentralen Fragen zu beantworten, schauen Wissenschafter seit Jahrzehnten weit in die Vergangenheit. In die Anfänge unseres Sonnensystems, vor 4.5 Milliarden Jahren.
Unverfälschter Blick in die Vergangenheit
Das ist möglich, weil es Zeitzeugen gibt, Asteroiden zum Beispiel, wie der Asteroid Bennu. Ein Überrest aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems, als sich die heutigen Planeten gerade erst formten.
Asteroiden enthalten Material, das sich über Milliarden von Jahren wenig verändert hat – und Auskunft gibt, über deren chemische Zusammensetzung.
Nur: Wie kommt man an das Material von Asteroiden, die durchs All rasen? Und wie bringt man es unversehrt auf die Erde? Dieses Kunststück gelang der NASA-Raumsonde OSIRIS-REx. Zuvor hatten dies nur zwei japanische Missionen zum Asteroiden «Ryugu» geschafft.
Eingepackt in eine Kapsel und ein Hitzeschild landet Material von Bennu 2023 in der Wüste Utahs. Erst zum dritten Mal erreicht unversehrtes Asteroiden-Material die Erde.
121.6 Gramm – so viel wie noch nie zuvor – werden nach ihrer Ankunft an verschiedene Laboratorien der ganzen Welt aufgeteilt. Mit Hochdruck analysieren hunderte Forschende den schwarzen Staub und die Partikel von Asteroid Bennu.
Salzsolen wie auf der Erde
Sie finden Carbonate, Sulfate, Chloride, Phosphate. Eine Vielfalt von Salzen und Mineralien, die es teilweise auch auf der Erde gibt. Bennus Ursprungskörper beherbergte offenbar Taschen mit flüssigem Wasser.
Das Wasser verdunstete, es entstanden Solen. In dieser salzigen Brühe bildeten sich die typischen Mineralien und Salze, die sich schliesslich ablagerten. Erstmals konnten die Forschenden diesen Prozess, den man von der Erde kennt, auch auf einem Asteroiden indirekt beobachten. Extraterrestrische Salzlösungen scheinen demnach auch eine entscheidende Voraussetzung für die Entwicklung organischer Verbindungen zu sein.
Ausserirdische Aminosäuren
14 der 20 Aminosäuren, die in der Biologie der Erde vorkommen, findet man auch auf Bennu. Und noch weitere Bausteine des Lebens: Alle fünf Nukleobasen, die in unserer RNA und DNA vorkommen, gibt es auch auf dem uralten Asteroiden. Ähnliche Ergebnisse lieferte schon der Asteroid Ryugu.
Das organische Material auf Bennu ist noch viel diverser. Über 10’000 Kohlenwasserstoff Verbindungen beheimatet der schwarze Brocken. Und Aminosäuren, die es auf der Erde nur selten oder gar nicht gibt. Sie sind also nicht-irdischen Ursprungs.
Die Geschichte von Bennu
Bennu hat sehr viel mehr Ammoniak als Ryugu. Ausserdem findet man auf ihm in grossen Mengen eine bestimmte Art von Stickstoff. Das lässt Rückschlüsse auf seine Herkunft zu. So ist sein Ursprungsköper wohl ganz aussen entstanden, in der rotierenden Scheibe aus Gas und Staub, aus der sich das Sonnensystem formte.
Was zeigen uns diese Ergebnisse? Zusammen liefern die Studien einen Teil eines Puzzles, von dem man noch gar nicht weiss, wie viele Teile es eigentlich hat. Sie geben Hinweise darauf, wo und unter welchen Umständen komplexe chemische Reaktionen stattfinden könnten.
Die Ergebnisse stärken auch die Theorie, dass die Bausteine unseres irdischen Lebens aus dem All kommen könnten.