«In der beobachtbaren Astronomie ist das James-Webb-Weltraumteleskop das Instrument, auf das wir seit fast 30 Jahren warten.» Adrian Glauser sitzt zum Interview in einem Labor des Instituts für Teilchen- und Astrophysik der ETH Zürich.
Neben ihm, in einem Schutzkasten aus Plexiglas, der technische Zwilling einer komplizierten Verschluss-Mechanik. Sie wird eines der Infrarot-Instrumente am James- Webb-Teleskop vor Verschmutzungen schützen.
Entwickelt hatte Adrian Glauser diesen Verschluss ganz am Anfang seiner wissenschaftlichen Karriere – vor fast 20 Jahren. Seitdem wartet er auf den Start der Mission.
Zur «Commissioning Phase», wenn das Teleskop im All seinen Betrieb aufnimmt, wird er einer jener ausgewählten Wissenschaftler sein, die im Nasa-Kontrollzentrum in Baltimore anwesend sein dürfen: Wenn das Instrument funktioniert und die wissenschaftlichen Daten produziert, die Forscher und Forscherinnen weltweit erwarten, wird auch Glauser erleichtert sein: «Die ersten Bilder – darauf freue ich mich am allermeisten.» Doch eigentlich ist «James Webb» für ihn Vergangenheit.
Auf der Suche nach der zweiten Erde
Adrian Glauser arbeitet längst an der nächsten Teleskop-Generation. Mittlerweile ist er zu einem weltweit gefragten Spezialisten für Infrarot-Teleskopie gereift und leitet die technische Abteilung seines Institutes.
Gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Leiter, Sascha Quanz, verantwortet er im Auftrag des Europäischen Weltraum Observatoriums (ESO) das Infrarot-Messgerät METIS am «Extremely Large Telescope» (ELT), das 2027 in der chilenischen Atacama-Wüste in Betrieb gehen soll.
Das ELT wird einen riesigen, gut 39 Meter messenden Spiegel haben, gross genug, um damit vielleicht die Infrarotstrahlung eines vergleichsweise kleinen erdähnlichen Planeten einfangen zu können. Weil dieser, so wie die Erde selbst, relativ nah um eine sehr helle Sonne kreist, wäre er mit anderen Teleskopen nicht zu sehen. Das ELT soll dann sogar die chemischen Zusammensetzungen der Atmosphären ferner Planeten analysieren können.
Es wird dafür auch mit dem James-Webb-Weltraumteleskop zusammenspannen. Die Hoffnung ist gross, dass etwas gefunden wird, doch Adrian Glauser und Sascha Quanz sind sich einig: Ob auf diesen fernen Planeten etwas lebt, werden die beiden Teleskope nicht feststellen können, dafür reicht die Auflösung der Spiegel nicht aus.
Dennoch treibt Glauser diese fundamentale Frage weiter an: «Sind wir als Menschheit alleine im Universum?»
Is there anybody out there?
Adrian Glauser und sein wissenschaftlicher Leiter Sascha Quanz sind davon überzeugt: Sie können mit einem noch besseren Infrarot-Teleskop dazu beitragen, diese Frage aller Fragen zu beantworten.
Das Teleskop trägt den verheissungsvollen Namen «LIFE»: eine Staffel von mehreren Satelliten-Teleskopen, die sich rund 1.5 Millionen Kilometer voneinander entfernt im All befinden. Schaltet man sie zusammen, bilden sie sozusagen eine riesige Spiegel-Fläche.
LIFE wird die Mission sein, die zum ersten Mal Leben auf anderen Planeten nachweisen wird.
Mit einer derart grossen Konstruktion könnte man noch tiefer in die Atmosphären ferner Planeten hineinschauen und sie chemisch noch besser analysieren. Fänden sich dann Hinweise auf Methan, Ozon oder Wasser, dann ist dies ein fast sicherer Hinweis auf Leben. Die beiden Astrophysiker sind überzeugt: «LIFE wird die Mission sein, die zum ersten Mal Leben auf anderen Planeten nachweisen wird».
Ob Adrian Glauser das noch erleben wird? Er denkt sogar, dass es gar nicht mehr so lange dauern wird: «Ich hoffe, dass die Kinder von heute eines Tages lesen können, dass dank LIFE Leben indirekt nachgewiesen wurde auf einem extrasolaren Planeten.»