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Retter oder Volksverführer? Conrad Ferdinand Meyers «Jürg Jenatsch»

Ein armer Pfarrersohn wird zum religiösen Fanatiker, zum einflussreichen Politiker und zum Nationalhelden: Mit dem Roman «Jürg Jenatsch» hat Conrad Ferdinand Meyer dem Helden aus dem 30-jährigen Krieg ein Denkmal gesetzt. Ein Hörbuch verführt jetzt dazu, den Klassiker neu zu entdecken.

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Jenatsch war ein Populist. Ein Volksverführer, ein Demagoge, ein Mann mit einer Mission und einem ungeheuren Willen zur Macht. Und diese Macht hat er eingesetzt, im Guten wie im Schlechten.


Es gelang ihm das «Unmögliche»

Als der Konfessionskrieg im 17. Jahrhundert ganz Europa durcheinanderwirbelte und das Bündnerland von den Grossmächten aus allen Seiten bedroht, bedrängt und besetzt wurde, gelang ihm das «Unmögliche» wie es im Roman heisst: Unter seiner Führung vereinten sich die Bergtäler, die wegen ihrer unterschiedlichen Sprachen und Konfessionen bis dahin verfeindet waren, und wehrten sich gegen die Besatzung.

Mit geschickten Intrigen und hinterlistigem Paktieren zwang Jenatsch schliesslich die grossen Gegner – die Habsburger und die Franzosen – einen Friedensvertrag zu unterschreiben. So wurde er zum Befreier der «Drei Bünde» und zum Begründer der neuen demokratischen Ordnung.


Wieviel Populismus braucht die Demokratie?

So erzählt es der Roman. Was der Roman aber auch erzählt, ist die Kehrseite dieses Erfolgsrezepts. Denn Populisten und Demagogen wird man so schnell nicht wieder los. Und was passiert, wenn so ein Machtmensch einmal richtig in Fahrt kommt?

Das Problem, das Meyer an der Figur «Jürg Jenatsch» diskutiert, war im 19. Jahrhundert, als der Roman erschien, so aktuell wie heute: Wieviel Populismus braucht die Demokratie? Und wieviel verträgt sie? Braucht ein Land einen charismatischen Anführer, um sich als Einheit zu fühlen? Oder sind solche Persönlichkeiten gefährlich, weil sie die demokratischen Institutionen zerstören?

Der Sinus-Verlag hat nun das gesamte Werk von C.F. Meyer zum Hören herausgegeben. «Jürg Jenatsch» wird von Peter Matic interpretiert, einem der verdientesten deutschsprachigen Sprecher.

In der Sendung «Buchzeichen» stellen wir das Hörbuch vor und prüfen, ob es Matic gelingt, dem Klassiker neues Leben einzuhauchen.


Buchhinweis:

Conrad Ferdinand Meyer. Das gesamte Dichterische Werk als Buch und Hörbuch. Sinus-Verlag, 2012-2018.

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