Familie Hinder waren in den Sommerferien auf Kreuzfahrt: Mit dem Schiff von Venedig bis nach Istanbul und wieder zurück. Es war für alle ein einmaliges Erlebnis, auch für ihre vier Kinder. «Die Ferien auf dem Schiff waren wunderschön», erzählt Gabriela Hinder im «Kassensturz».
Das Problem war die Anreise: Hinders buchten eine Busfahrt. Von Zürich nach Venedig und zurück. Sie kauften Billette bei der Firma Expressbus. Die Kosten für beide Fahrten: 70 Franken pro Kind und 140 Franken für Erwachsene.
Werbung mit 4-Stern-Bussen
Expressbus präsentiert sich auf seiner Webseite als «Schweizer Spezialist für europaweite Buslinien und Busreisen.» Die Firma arbeite mit internationalen Busgesellschaften zusammen. Expressbus wirbt mit erstklassigen Reisebussen: Bequeme Sitze, Klimaanlage und Bordtoilette würden zum Standard gehören.
Doch Hinders machten andere Erfahrungen: «Es hatte eigentlich nichts von dem, was sie versprochen hatten. Ausser vielleicht die Klimaanlage. Diese funktionierte aber nicht. Weder gab es im Bus eine Toilette, noch verstellbare Sitze, Leselampen, oder sonst irgendwelchen Komfort, der einem 4-Stern Reisebus entsprechen würde», erzählt Otmar Hinder.
Schweisstreibende Fahrt mit Minibus
Familie Hinder musste in Minibussen reisen. Sowohl bei der Hin- als auch bei der Rückfahrt. Von wegen komfortabler Reisecar. Die Fahrt dauerte jeweils über 12 Stunden.
«Es war eine Tortur, einfach eine Tortur vom Anfang bis am Schluss. Wir hatten eine Reisetemperatur zwischen 30 und 40 Grad im Bus drin. Es war unerträglich. Es war stickig, eng und heiss», erinnert sich Gabriela Hinder.
Rückreise mit Privatauto statt Bus
Ein weiterer Fall von zweifelhaftem Service von Expressbus spielte sich ebenfalls in Venedig nach einer Kreuzfahrt ab: «Kassensturz»-Zuschauerin Slobodanka Stanojevic wartete gemeinsam mit ihrer Schwester vergebens auf einen Car von Expressbus. Stattdessen kam ein privater, 5-plätziger Personenwagen. Zusammengepfercht mit fremden Leuten trat sie schliesslich die Reise an.
Wo sind die Reisecar der Firma?
Wo sind die Reisecar von Expressbus? Existieren sie überhaupt? «Kassensturz» geht auf Spurensuche und fährt zum Firmensitz. Der Weg führt am Vierwaldstättersee nach Weggis in ein Villenviertel mit herrlicher Aussicht. Das ist nur eine alte Postadresse. Reisecar findet «Kassensturz» hier keine. Auch nicht am Car-Terminal in Bern.
Minibusse und Privatautos statt Reisecars. Ist das legal? «Kassensturz» fragt nach beim Bundesamt für Verkehr. Für Personentransporte gelten strenge Auflagen. Der gewerbsmässige Transport durch Private sei nicht erlaubt sagt Mediensprecherin Olivia Ebinger: «Jede Form von gewerbsmässigem Transport von Personen braucht eine Lizenz. Reisebusse benötigen eine Bundeslizenz. Wenn man mit einem Auto gewerbsmässig Leute transportiert, dann benötigt man eine Form von Taxilizenz und diese ist dann kantonal geregelt.»
Das sagt Expressbus zu den Vorwürfen
Der neue Geschäftsführer der Firma Expressbus antwortet zu den Vorwürfen schriftlich. Das Unternehmen verfüge über acht Bewilligungen für internationalen Linienbusverkehr vom Bundesamt für Verkehr. Expressbus verfüge nach eigenen Angaben über vier Car und lasse die Mehrheit der Transporte durch Partner ausführen.
Zum fehlendem Komfort und den Minibussen schreibt die Firma: «Wir weisen auf unserer Webseite und in den AGBs die Kunden explizit darauf hin, dass im Falle geringer Auslastung eines Busverkehrs kleinere Fahrzeuge mit abweichender Ausstattung (ohne WC) eingesetzt werden können.»
Expressbus bestreitet ausserdem den Defekt der Klimaanlage. Wegen der grossen Hitze habe diese lediglich zu schwach funktioniert.
Zum Transport mit dem Privatauto schreibt Expressbus: Wegen einer Panne habe der Unterauftragnehmer «ohne unsere Zustimmung und unser Wissen die Fahrgäste mit einem Personenwagen befördert». Das sei inakzeptabel und man habe die Zusammenarbeit mit diesem Unterauftragnehmer gekündet.